Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine Fliegerlegende aus Friedrichshafen
Der 99-jährige Rudolf Flintrop blickt auf eine lange Karriere in der Luftfahrt zurück
FRIEDRICHSHAFEN (sz) - Das heute alltägliche Bild am Flughafen Friedrichshafen mit Starts und Landungen von Privatfliegern verdankt der Luftsportclub (LSC) auch einem Flugpionier aus Friedrichshafen: dem mittlerweile 99 Jahre alten Rudolf Flintrop. Das Gründungsmitglied erwirkte 1953 die ersehnte Starterlaubnis der Segelflieger nach der Gründung des Vereins 1950. „Ich habe den französischen Kommandanten am Sonntagmorgen in der Frühmesse um 6 Uhr getroffen und einfach gefragt, ob wir Segelflieger wieder auf den Flugplatz dürfen", erinnert sich der begeisterte Flieger. Der Franzose reagierte freundlich und erteilte kurz darauf die Genehmigung – der Beginn der Privatfliegerei in Friedrichshafen am Flugplatz war gemacht.
Noch heute glänzen die Augen von Rudi, wie ihn seine Fliegerkameraden nennen, wenn er von den Anfängen erzählt. „Unser erstes Segelflugzeug, einen Doppelraab, den wir damals neu gekauft hatten, wurde übrigens restauriert und ist heute noch flugtauglich“, freut sich der Veteran der Lüfte. Die Flugzeugtaufe wurde von Hugo Eckener in der alten Festhalle in Friedrichshafen vorgenommen. Später kamen noch ein
Bergfalke und ein Spatz dazu. Alle in Eigenbau. Finanziert wurden die Innovationen durch Flugtage, um auch die Bevölkerung an der Fliegerei teilhaben zu lassen.
Die bekannte Flughalle wurde in Eigenarbeit gebaut, um alle Flugzeuge
trocken unterzubringen, anschließend kam das heute noch betriebene LSC-Restaurant am Flugplatz dazu. Heute hat der LSC 300 Mitglieder und eine große Flotte aus Segel-, Motorund Ultraleichtflugzeugen in Betrieb.
Zur Fliegerei kam Flintrop mit 14 Jahren in einer vormilitärischen Ausbildung vor dem Krieg. „Ich hatte eine Brille und durfte eigentlich gar nicht fliegen“, schmunzelt der rüstige Rentner heute noch. „Ich habe einfach die Brille abgesetzt und mich in die erste Reihe gesetzt und keiner hat etwas gemerkt“, lacht er. Nach der Ausbildung flog Flintrop vier Jahre lang Versorgungsflüge im Krieg und lieferte neue Flugzeuge an der Front aus. Beim letzten Flug gelang ihm dann eine spektakuläre Flucht zurück in seine Heimat mit einem Flugzeug der Luftwaffe. „In einer Nacht- und Nebelaktion benutzten wir eine FW 156 und flogen los in Richtung Friedrichshafen. Gelandet sind wir auf einer Wiese auf der Schwäbischen Alb. Es war ja Nacht, wir haben nichts gesehen und den Kurs 270 Grad Richtung Schweiz geflogen“, erinnert sich der 99-Jährige heute noch. Gefangen genommen wurde der Soldat dann doch noch, zu seinem Glück gelang ihm eine weitere Flucht.
Es blieb trotz aller Erlebnisse immer die Sehnsucht nach der Fliegerei. Deshalb setzte sich Flintrop nach Kriegsende für die Gründung der Interessengemeinschaft Flugsport in Friedrichshafen ein. Mit Erfolg. Heute kann der begeisterte Flieger über 8000 Starts und 4000 Flugstunden auf diversen Motor- und Segelflugzeugen
„Ich hatte eine Brille und durfte eigentlich gar nicht fliegen.“
verbuchen. Außerdem besitzt er das Leistungsabzeichen „Gold-C mit Diamanten“und war über 30 Jahre lang Fluglehrer, um sein Wissen an eine neue Generation von Flugbegeisterten weiterzugeben.
Und wann immer er Zeit hat, ist er heute noch im Club zu finden. Bei kleinen Arbeiten an den Flugzeugen und der Segelflugwerkstatt oder in einem Segelflugzeug beim Flugbetrieb am Flugplatz Friedrichshafen. Seit ein paar Jahren allerdings nur noch als Passagier, nicht mehr als Pilot. „Fliegen ist das Schönste, das es im Leben für mich gibt“, schwärmt der Jubilar heute noch, „und die schönste Art davon ist das Segelfliegen!“
Am 6. Januar wurde Rudolf Flintrop 99 Jahre alt und der LSC feierte mit ihm Geburtstag.
Rudolf Flintrop
Bei Interesse am Segelfliegen kann gerne im Flugbetrieb
werden. Informationen gibt es bei Franz Georg Hey, E-Mail: