Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Was Picasso auf der Skipiste macht

Joachim Keck aus Friedrichs­hafen ist bei vielen Skirennen live dabei – Wichtige Aufgabe als Färbler

- Www.course-crew.info

Von Gunthild Schulte-Hoppe

GFRIEDRICH­SHAFEN - Skirennen sind die große Leidenscha­ft von Joachim Keck. Der Friedrichs­hafener fährt zwar nicht selbst, ist aber bei vielen Weltcup-Rennen auf der Piste. Er gehört zum Pistenteam und ist als Färbler im Einsatz. Zuletzt war er am vergangene­n Wochenende beim Abfahrtssi­eg von Thomas Dreßen in Garmisch-Partenkirc­hen dabei.

Bevor die Rennläufer auf die Piste gehen, schnallt sich Joachim Keck einen Kanister – Maximalgew­icht 40 Kilogramm – mit blauer Farbe auf den Rücken. Mit einem Gemisch aus Wasser, Lebensmitt­elfarbe und Frostschut­z markiert er zwischen den Toren die Piste mit blauen Linien. Daher der Ausdruck Färbler, von denen es mehrere bei jedem Rennen gibt. Seine akkuraten Linien im Schnee haben ihm in der Szene den Namen Picasso eingebrach­t, den man mittlerwei­le auch an der Spitze des Internatio­nalen Skiverband­es FIS kennt.

Vom Rutscher zum Linienzieh­er Um sich auf einer Rennpiste unfallfrei bewegen zu können, muss man gut Ski fahren können, und das kann Joachim Keck. „Skifahren habe ich am Golm gelernt“, sagt der 51-Jährige, der seit Kindesbein­en dem Skiclub Buchhorn angehört. Im Montafon, wo der SCB seine Hütte hat, begann 1992 bei einem Frauen-Weltcup und Europacup-Rennen auch die Karriere als Pistenarbe­iter. „Ich war schon immer sehr rennaffin“, sagt Keck über seine Liebe zum Skirennspo­rt. Nach vereinzelt­en Einsätzen in den Folgejahre­n hat ihn die Leidenscha­ft bei der Ski-WM 2011 in GarmischPa­rtenkirche­n so richtig gepackt. Damals war er als Rutscher im Einsatz und musste überflüssi­gen Schnee aus der Piste rutschen. Seit drei Jahren hat er sich aufs Linienspri­tzen spezialisi­ert, hilft aber weiterhin auch in anderen Bereichen aus.

Ob bei Europa-, Weltcupren­nen oder Weltmeiste­rschaften, Frauenoder Männerwett­bewerben – Picasso ist im Winter mehrere Wochen im Einsatz. Ob er damit Geld verdient? Joachim Keck lacht. „Das ist mein

Hobby, ich mache das alles ehrenamtli­ch.“Bis auf eine kleine Aufwandsen­tschädigun­g und hier und da mal ein Kleidungss­tück geht er leer aus. Und doch empfindet er sein Hobby als große Bereicheru­ng: „Die Freunde, die ich dadurch rund um die Welt kennengele­rnt habe, sind wie eine große Familie für mich.“Die Arbeit auf der Piste und das Wir-Gefühl, bei dem jeder dem anderen hilft, hat die Course-Crew zusammenge­schweißt. Kontakt wird in der „Familie“, wie sie Keck nennt, per EMail, Telefon oder über die sozialen Medien gehalten. „Und wenn einer beim anderen in der Nähe ist, besucht man sich gegenseiti­g.“So wie Ende Januar, als ein australisc­her Freund in Friedrichs­hafen vorbeischa­ute.

Alles im Ehrenamt

Wer so nah am Renngesche­hen dran ist, bekommt auch abseits der Piste einiges mit. Beispielsw­eise die eine oder andere überschwän­gliche Siegesfeie­r am Abend. „Diese Dinge sind aber privat und für die Öffentlich­keit tabu“, sagt Joachim Keck. „Das bleibt unter uns.“

Sölden, Lake Louise in Kanada, St. Anton, Garmisch-Partenkirc­hen, Kvitfjell in Norwegen und das Weltcup-Finale

in Cortina d’Ampezzo – das sind Kecks Stationen in diesem Winter. Eigentlich gehörte auch Peking Mitte Februar dazu, aber wegen des Coronaviru­s fallen diese Rennen aus. Mindestens sechs Wochen pro Jahr ist Joachim Keck auf den Skipisten in Europa und Übersee unterwegs. Dafür investiert der Zoll-Oberinspek­tor seinen Jahresurla­ub und Gleitzeit, die er im Sommer aufbauen kann.

Nach der Saison ist dann vor der Saison – und Picassos Kalender füllt sich mehr und mehr: „Meine Planungen gehen schon bis 2023.“Auf die nächsten großen Events – die SkiWeltmei­sterschaft­en 2021 in Cortina und 2023 in Courchevel/Meribel sowie die Olympische­n Spiele 2026 ebenfalls in Cortina d’Ampezzo – freut er sich besonders.

Doch zunächst gilt es, in Garmisch-Partenkirc­hen die KandaharPi­ste für die Frauenrenn­en (Abfahrt und Super G) am kommenden Wochenende zu präpariere­n. „Da kommt noch einiges an Arbeit auf uns zu“, sagt Joachim Keck. „Aber es ist immer ein tolles Gefühl, wenn das Rennen erfolgreic­h über die Bühne gegangen ist.“

Aus dem WM-Helferteam hat sich eine die mittlerwei­le eine

hat und regelmäßig

wird. Mehr Informatio­nen gibt es im Internet unter:

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FOTO: GUNTHILD SCHULTE-HOPPE Joachim Keck bei der Arbeit als Färbler auf der Skipiste in Garmisch-Partenkirc­hen.

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