Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Söders Zeitplan für die Merkel-Nachfolge
Der CSU-Chef warnt die Schwesterpartei CDU vor Alleingängen – und vor einem bösen Erwachen am Wahltag
Von Ralf Müller
GMÜNCHEN - In der CDU läuft die Suche nach einem Kanzlerkandidaten. CSU-Chef Markus Söder hat klare Vorstellungen davon, was die Schwesterpartei bei der Kür in welcher Reihenfolge zu tun hat. Es war ihm sogar so wichtig, dass Söder am Montag vor einer Sitzung seines Parteivorstands ungefragt loslegte: „Wir mischen uns nicht ein, wer Parteivorsitzender der CDU wird, aber der Kanzlerkandidat kann nur gemeinsam bestimmt werden.“Mit anderen Worten: Eine Vorfestlegung auf die Person des Kanzlerkandidaten über die Bestimmung des neuen CDU-Chefs „geht natürlich nicht“.
Über eigene Ambitionen sagte Söder an diesem Montagmorgen nichts – er wurde auch nicht gefragt. Die Antwort auf diese Frage lautete zuletzt: „Mein Platz ist in Bayern.“In der ARD-Talkshow „Anne Will“hatte Söder freilich Spekulationen, er könne doch eigene Ambitionen hegen, mit den Worten „Der Söder ist auch nicht schlecht“neue Nahrung gegeben. „Deutschland hat einen neuen Kanzlerkandidaten“, titelte der „Focus“anschließend und der „Spiegel“ernannte Söder zum „vierten Kanzlerkandidaten“der Union.
Darum ging es am Montag auf der CSU-Vorstandssitzung nicht. In der CSU-Führungsetage gibt es ohnehin eine klare Mehrheit derer, die dem Parteichef von einem bundespolitischen Engagement nach den Erfahrungen der früheren Kandidaten Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber dringend abraten.
Andererseits hat schon aus Gründen der Selbstachtung der Christsozialen ihr Anspruch, bei der Kür des Unions-Kandidaten mitzureden, einen hohen Stellenwert. Sollte das mehr oder weniger unter Ausschluss der CSU passieren, hielt Söder eine verklausulierte Drohung bereit. Dann werde es „wahrscheinlich konzeptionell schwierig“– damit gemeint sein könnte eine gemeinsame Bundestagswahlkampagne von CDU und CSU.
Daher schlägt Söder einen konkreten Zeitplan vor: Eile bei der Regelung der Nachfolge von CDUChefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gelassenheit bei der Bestimmung des Kanzlerkandidaten. Die Wahl eines neuen CDU-Vorsitzenden könne man wohl „nicht endlos hinausschieben“, sagte Söder. Der Kanzlerkandidat sollte aber erst Ende 2020 oder Anfang 2021 gekürt werden.
Und auch für die amtierende Bundesregierung hält der CSUChef
einen Zeitplan bereit, der schlicht heißt: Bis zum Ende durchhalten. Die Amtszeit der im In- und Ausland überaus geschätzten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dürfe nicht durch Tricks vorzeitig beendet werden, so Söder. Der Schwesterpartei riet Söder außerdem: „Wir dürfen nicht den Fehler der SPD machen: Einen neuen Vorsitzenden wählen und den allein lassen.“Es gehe „immer nur im Team“.
Beim Umgang mit der AfD und den Linken fordert Söder eine klare Kante. Gegen die AfD dürfe es „kein Wackeln, kein Zaudern, nur eine ganz klare Linie“geben. Die Abgrenzung zu den Linken müsse man schon deshalb aufrecht erhalten, weil man sonst die scharfe Trennlinie zur AfD schwieriger begründen könne.
Über die Strategie und die konzeptionellen Fragen solle möglichst bald eine gemeinsame Präsidiumssitzung der beiden Unionsparteien beraten, sagte Söder. Die Bundestagswahl 2021 werde „ganz anders“als die Wahlen der vergangenen 15 Jahre, warnte der CSU-Chef. Für die Union werde es dabei darum gehen, ob sie weiterhin die führende Kraft in Deutschland bleibe „oder das jemand anderen überlässt“. Ob Deutschland in Zukunft von einem Unions- oder einem grünen Kanzler regiert werde, sei eine Frage, die „mit ein, zwei Personalentscheidungen“nicht beantwortet werden könne.