Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Netzwerk: 27 Millionen für Häuserkauf
Fraktion will Wohnungsmarkt sozialer machen – Wettbewerb fürs Busdepot gefordert
Von Martin Hennings
GFRIEDRICHSHAFEN - Ein Ideenwettbewerb für das RAB-Gelände beim Stadtbahnhof, Live-Übertragung aller Ratssitzungen, 27 zusätzliche Millionen für den Kauf von Immobilien: Das Netzwerk für Friedrichshafen dreht gern das große Rad, auch bei seinen zwölf Anträgen für den Doppelhaushalt 2020/2021.
Umweltschutz, Aufenthaltsqualität, Stadtentwicklung – diese drei Schlagworte stehen im Mittelpunkt der Netzwerk-Anträge. So fordert die vierköpfige Fraktion, dass sich die Stadt als Modellkommune am Programm „Mutig voran beim Klimaschutz im Verkehr“bewirbt. Beratung und Vernetzung versprechen sich die Netzwerker laut Fraktionsvorsitzendem Jürgen Holeksa davon. Zudem soll eine Untersuchung in Auftrag gegeben werden, an welchen Stellen Friedrichshafen Potentiale zur Erzeugung erneuerbarer Energie hat. Man denke an städtische und private Flächen, sagte Stadtrat Simon Wolpold bei einem Pressegespräch am Montag. Er beantragt zudem, das Förderprogramm „Klimaschutz durch Energiesparen“auf jährlich 500 000 Euro aufzustocken. Es soll vor allem Privateigentümer unterstützen, die ihre Häuser energetisch aufwerten wollen.
Die Aufenthaltsqualität erhöhen wollen die Netzwerker durch eine „Umsonst&Draußen“-Bibliothek am oberen Kirchplatz bei St. Nikolaus. Dort könnten Bürger Bücher abgeben und holen, zudem soll eine Leseecke zum Bleiben einladen, erläutert Stadtrat Philipp Fuhrmann. Dies könne die Ecke beleben, bis das Zollareal neu gestaltet wird. Aufwerten will die Fraktion auch mehrere Straßen in Hofen, durch Bänke, Grün und ansprechendere Beleuchtung für insgesamt 150 000 Euro.
Bei der Markthalle in der alten Feuerwache setzen die Netzwerker auf einen kompletten Neustart. Das bisher favorisierte Konzept, sich dort am Thema „Feuerwehr“zu orientieren, greife nicht. Stattdessen wird eine Neugestaltung gefordert mit dem Ziel, in „einer echten Markthalle regionale und biologische Produkte anzubieten“, ergänzt durch gastronomische Angebote, so Fuhrmann. Über ein 150 000-Euro-Förderprogramm sollen die Fassaden in der Innenstadt neuen Glanz erhalten, ergänzt durch einen neuen Farbleitfaden. Zudem sollen 100 „gestalterisch ansprechende“Bänke aufgestellt werden.
Große Pläne hat die Fraktion mit dem RAB-Gelände, das laut Fraktionschef Holeksa „möglichst schnell“in den Besitz der Stadt gebracht werden müsse. Dem Ziel diene ein vom Netzwerk beantragter „Bahngipfel“mit den Spitzen der Stadt und hochrangigen Vertretern der verschiedenen Bahn-Unternehmen, bei dem man alle entsprechenden Flächen in den Blick nehmen wolle. Für das Busdepot soll ein studentischer Ideenwettbewerb ausgerufen werden, um Vorschläge für Freizeit-, Gastro-, Kultur- und Museumsangebote zwischen Bahnlinie und Eugenstraße zu entwickeln. Aus diesen Vorschlägen soll dann ein Masterplan für das Gelände entstehen. Dass es der Stadt gar nicht gehört, sei dabei kein Problem, so Fuhrmann. Die Planungshoheit liege nun mal bei der Stadt, die Ergebnisse könne man dann bei einem zweiten Bahngipfel vorstellen.
Richtig in die Vollen geht das Netzwerk beim Thema Immobilienund Grundstückskauf: 13 Millionen Euro sieht der Haushaltsentwurf der
Verwaltung dafür bislang vor, die Fraktion will ihn auf 40 Millionen Euro aufstocken. Die Stadt müsse nicht nur beim Planen, sondern auch beim „Vollzug des Bauens Herrin des Verfahrens“sein, so Fuhrmann. Die Stadt müsse regelnd in den Wohnungsmarkt eingreifen und ihn damit sozialer machen.
Mehr Transparenz will die Fraktion damit erreichen, dass alle Ratsund Ausschusssitzungen live ins Internet gestreamt werden. Kostenpunkt: 300 000 Euro, womit allerdings keine TV-ähnliche Übertragung möglich sein dürfte. Mit einer Fachkräfte-Offensive will das Netzwerk dem Personalmangel in Kitas begegnen. Unter anderem sind zum Beispiel Wohnungszuschüsse, ÖPNV-Tickets, mobile Physiotherapie, aber auch höhere Einkommen und Prämien vorgesehen.
Finanzieren will das Netzwerk, das auch noch vier interfraktionelle Anträge unterstützt, seine Vorschläge aus dem Klimabudget der Stadt, durch neue Kredite oder durch Gelder für Investitionen, die zwar eingeplant, aber nicht abgerufen worden sind. Laut Holeksa waren das im Jahr 2018 rund 40 Millionen Euro.