Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Verwaltung will im Herbst ein Sparprogramm vorlegen
Entscheidende Phase der Haushaltsberatungen – Keine Mehrheit für Anträge von Netzwerk und CDU
FRIEDRICHSHAFEN - Der Gemeinderat kommt in die entscheidende Phase der Beratungen für den Doppelhaushalt 2020/2021. Und die Zeichen stehen auf Sparsamkeit. Weil laut der mittelfristigen Finanzplanung der Ergebnishaushalt in den Jahren 2021 und 2022 einen Minusbetrag ausweist, soll bis Herbst 2020 laut Verwaltung ein Paket zur „Kostensenkung und/oder Erlössteigerung“erarbeitet werden. Die Folgen der Coronakrise sind bei diesen Überlegungen noch gar nicht eingearbeitet.
Es ist schwer abschätzbar, wie viel Geld die Virus-Pandemie, die Deutschland derzeit umtreibt, die Stadt Friedrichshafen kosten wird. Keiner weiß, welche direkten Maßnahmen noch zu ergreifen sind. Und niemand kann heute abschätzen, wie sich die weltweite Krise auf die Umsätze und Gewinne der Häfler Unternehmen und damit auf die Gewerbesteuereinnahmen und die Dividenden der Stiftungsbetriebe ZF und Zeppelin auswirken wird.
Unabhängig davon müssen Rat und Verwaltung den Doppelhaushalt unter Dach und Fach bringen. Die jetzige Planung ist auf Kante genäht, eine Genehmigung durch das Regierungspräsidium kein Automatismus. Die Verschuldung der Stadt wird von unter zehn Millionen Euro auf mittelfristig über 80 Millionen Euro ansteigen, zugleich schwindet die Liquidität, also die Rücklage. Hauptgrund hierfür: der über 40 Millionen Euro teure B 31-Tunnel in Waggershausen, den die Stadt einst beschlossen hat und nun bezahlen muss.
Fraktionen, Ortschaften und das Jugendparlament haben 103 Änderungsanträge zum Plan der Verwaltung eingereicht – so viele wie noch nie in der jüngeren Häfler Geschichte. Um alle angemessen bearbeiten zu können, hat der Ältestenrat (die Runde der Fraktionsvorsitzenden und der Oberbürgermeister) beschlossen, dass alle Anträge auf neue Stellen und alle Anträge zum neu geschaffenen Klimabudget zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert und entschieden werden. Der Rest und mit ihm der Haushaltsplan soll am 30. März endgültig beraten und beschlossen werden.
Den Auftakt zu den Vorberatungen hat am Montagabend der Finanzund Verwaltungsausschuss gemacht, der sich über drei Stunden lang mit den Änderungsanträgen befasst hat. Seine Beschlüsse sind nur Empfehlungen, die für den gesamten Gemeinderat nicht bindend sind.
Kontrovers diskutiert, aber nicht abgestimmt worden ist über den Vorschlag des Netzwerks für Friedrichshafen, Rats- und Ausschusssitzungen künftig live ins Internet zu übertragen. Während sich Netzwerkrat Jürgen Holeksa und Anna Hochmuth von den Grünen davon mehr Transparenz versprechen, haben Gaby Lamparsky (FDP), Dagmar Hoehne (Freie Wähler), Franz Bernhard (CDU) und Heinz Tautkus (SPD) unter anderem Datenschutzbedenken. Nur eine Stimme bekam der Antrag der FDP, im alten Zollamt vorübergehend Gastronomie unterzubringen, um die Schanzstraße zu beleben. Zu teuer und vom Haus her nicht geeignet, befanden Oberbürgermeister Andreas Brand und die anderen Stadträte.
Länger diskutiert wurde über den Netzwerkvorschlag, die Mittel für den Kauf von Grundstücken und Häusern von 17 Millionen auf 40 Millionen Euro anzuheben, um Bevorratung zu betreiben und so eine „soziale Wohnbauinitiative“(Holeksa) starten zu können. Der OB und Vertreter
anderer Fraktionen waren skeptisch. So forderte Gerhard Leiprecht (Grüne), „nicht mit dem Geldkoffer zu winken“. Zudem habe man in der Vergangenheit bei Bedarf für dieses Thema auch immer außerplanmäßige Mittel bereitgestellt, wenn es nötig gewesen sei. Es war Konsens im Ausschuss, dass dies auch in Zukunft so sein werde.
Alle Fraktionen machten deutlich, dass sie klar für den weiteren Ausbau des Velorings sind. Die Häfler Verwaltung wollte die Fahrradschnellstraße erst später weiterbauen, wohl mit Blick auf die Haushaltslage und die Vielzahl der Projekte im Baudezernat.
Keine Mehrheit fand der Vorschlag der CDU, den lange beschlossenen Kreisverkehr bei der LudwigDürr-Schule auch tatsächlich zeitnah zu bauen. OB Brand nannte die Kreuzung „eine der sichersten im ganzen Stadtgebiet“, seit dort eine spezielle Ampelschaltung für Fußgänger eingerichtet worden ist. Er verwies zudem darauf, dass schon heute angesichts der vielen Bauvorhaben 90 Prozent der Planungsaufträge vom Baudezernat nicht selbst bearbeitet, sondern an Firmen vergeben werden.