Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ex-Minister
Der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm ist seit einer Blutvergiftung im vergangenen Jahr von den Schultern abwärts gelähmt. Der CDUPolitiker erklärte in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung „Die Zeit“(Donnerstag): „Noch nehme ich das Urteil nicht ganz so ernst, wie ich eigentlich müsste, weil mein Lebensgefühl es nicht akzeptiert, auf Dauer gelähmt zu sein.“
16 Jahre lang – von 1982 bis 1998 – war der heute 84-jährige Blüm deutscher Arbeits- und Sozialminister, genauso lange wie sein großer Förderer Helmut Kohl Bundeskanzler war. Dem politischen Schlagabtausch ging der gelernte Werkzeugmacher aus Rüsselsheim selten aus dem Weg. Später zog es ihn sogar ins Showgeschäft – er war Mitglied des Rateteams in der Neuauflage des TV-Klassikers „Was bin ich?“. Vielen hängen geblieben ist aber vor allem ein Blüm-Satz: „Die Rente ist sicher.“
Nach einer Sepsis war Blüm im vergangenen Jahr in ein Koma gefallen und kann seitdem weder Arme noch Beine bewegen. Das Krankenhaus habe er nach monatelangen Aufenthalten in der vergangenen Woche wieder verlassen.
„Ich fühle mich wie eine Marionette, der sie die Fäden gezogen haben, so dass ihre Teile zusammenhanglos in der Luft baumeln“, schreibt Blüm in dem Beitrag, den er laut „Zeit“seiner Frau diktiert hat. „Meine Lähmung verändert die Proportionen. Aus Bagatellen werden Problemfälle. Mich reizt gerade unter dem linken Auge ein Jucken. Früher hätte ich mit einem Handstrich den Juckreiz beseitigt. Heute kann meine Hand das nicht. Und so muss ich geduldig ausharren, bis der Reiz aufgibt.“
Er habe ein intensives öffentliches Leben geführt – „zeitweise als Rummelboxer der Politik“, schreibt der CDU-Politiker. Im Horizont des Rollstuhls falle der Rückblick anders aus als in der herkömmlichen Panoramasicht. „Ich beurteile manche Ereignisse meines Lebens anders als bisher, und der Rollstuhl bildet die Wasserscheide.“Er habe sich wieder in die Arme der Familie begeben: „Ich bin daheim.“(KNA/dpa)