Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Noch im Juni werden Mallorca und die Kanaren Urlaubsversuchslabore
Die Inseln sind Vorreiter, spätestens im Juli will ganz Spanien die Grenzen wieder für Touristen öffnen – Regierung verspricht: „Keine Risiken“
Von Ralph Schulze
MADRID - Viele spanische Hoteliers auf Mallorca und in anderen spanischen Ferienhochburgen hatten die Saison schon abgeschrieben. Doch nun können sie sich doch noch Hoffnung auf ein Sommergeschäft machen: Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez kündigte am Wochenende überraschend an, dass die Grenzen spätestens im Juli für ausländische Touristen geöffnet werden. Internationale Urlauber könnten dann wieder problemlos nach Spanien kommen. Die derzeit noch geltende Quarantänepflicht soll bis dahin wegfallen.
„Spanien erwartet euch von Juli an“, sagte Sánchez in einer TV-Ansprache. „Und wer dann spanischen Boden betritt, wird dies mit allen gesundheitlichen Garantien tun können.“Spaniens Regierung wolle mit dieser Ankündigung allen Touristen und auch den Hoteliers Planungssicherheit verschaffen. „Die ausländischen Urlauber können von sofort an ihren Urlaub in unserem Land organisieren.“Sánchez forderte die spanischen Tourismusbetriebe auf, sich umgehend für die Feriengäste zu rüsten. „Diesen Sommer wird es eine touristische Saison geben.“
Sánchez versprach allen Besuchern, die ins Land kommen werden, einen sicheren Urlaub. „Der Tourismus braucht Sicherheit. Und deswegen bürgen wir dafür, dass die Urlauber keinen Risiken ausgesetzt werden.“Man werde aber umgekehrt auch dafür sorgen, dass die Besucher keine Gesundheitsrisiken nach Spanien importieren. Einzelheiten zu den geplanten Sicherheitsvorkehrungen nannte Sánchez nicht. Aber es ist absehbar, dass die Fieberkontrollen, die bereits an etlichen spanischen Urlauber-Airports installiert wurden, auch im Sommer bestehen bleiben.
Allerdings veröffentlichte die Regierung am Wochenende bereits strenge Hygieneregeln für den Besuch der Strände, die auf Mallorca, auf den Kanaren und an Teilen der Festlandküste schon wieder geöffnet sind. Danach müssen zwischen Sonnenschirmen vier Meter Sicherheitsabstand herrschen. Liegen, Strandstühle und Handtücher müssen mit mindestens zwei Meter Distanz zu den Nachbarn ausgebreitet werden. Die maximale Personenkapazität der Badebuchten wird erheblich begrenzt: Jeder Besucher soll vier Quadratmeter
zur Verfügung haben. Um Überfüllung zu vermeiden, wollen viele Urlaubsgemeinden mit Strandwächtern und Apps den Zugang steuern. An populären Stränden, wo die Menschen in einem normalen Sommer wie Dosensardinen nebeneinander liegen, wird über ein Reservierungssystem nachgedacht. Dort könne man dann, so der Vorschlag, kostenlos Platz für eine bestimme Personenzahl für den Vormittag oder den Nachmittag buchen.
Auf Mallorca und auf den Kanaren, die von der Epidemie weniger stark betroffen waren, soll der Tourismus sogar im Probebetrieb schon in der zweiten Junihälfte anlaufen. Wie Spaniens Koordinatorin für die Exit-Strategie, Teresa Ribera, bestätigte, kann auf diesen Inseln der Urlaubsbetrieb spätestens am 22. Juni starten. Bis dahin sollen dort alle bisherigen Corona-Beschränkungen aufgehoben sein. Geplant sei, dass dann bereits Touristen aus bestimmten europäischen Regionen, in denen das Corona-Risiko ähnlich niedrig wie auf den Inseln selbst sei, kommen dürfen. Über diese sogenannten „sicheren Reisekorridore“werde derzeit noch verhandelt – unter anderem auch mit Deutschland.
Mit diesen Ankündigungen schafft nun nach Österreich und Italien auch Spanien mehr Klarheit für die Urlauber. Erst vor zwei Wochen hatte die spanische Regierung die Tourismuswelt mit der Ankündigung geschockt, dass für alle Einreisenden eine zweiwöchige Quarantänepflicht gilt. Inzwischen ist klar, dass diese Pflicht zumindest für alle Bürger, die aus dem Schengen-Raum nach Spanien kommen, mit der Öffnung der Grenzen und der Ankunft der ersten Touristen entfallen wird. Derzeit dürfen nur Bürger mit erstem Wohnsitz in Spanien ins Land einreisen.
Die spanische Reisebranche begrüßte den angekündigten Start des Tourismusbetriebes, der nun sehr viel schneller kommt als ursprünglich gedacht. „Das ist eine hervorragende Nachricht“, sagte ein Sprecher des Branchenverbandes Exceltur, in dem die großen Hotelketten, Touristikkonzerne und Fluglinien organisiert sind. Ursprünglich hatte Exceltur die Verluste der Urlaubsbranche durch Corona auf 90 Milliarden Euro beziffert. Nun könnte sich das Minus mit Glück auf 20 Milliarden Euro verringern, heißt es. Doch dafür müsse jetzt mit aller Kraft an einem einzigen Ziel gearbeitet werden. Und das heißt: den Sommer zu retten.