Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Grüne fordern „zukunftsgerichtete Haushaltsdiskussion“
Partei will – anders als der OB – bereits jetzt eine Strukturdiskussion führen
FRIEDRICHSHAFEN (sz) - Die Grünen vermissen bei der aktuellen Haushaltsdebatte nach der CoronaKrise eine strategische Herangehensweise. Sie fordern ein Diskussion darüber, „das Geld schon in 2020 zukunftsgerecht zu verteilen“. Oberbürgermeister Andreas Brand hatte vorgeschlagen, erst im Herbst über strukturelle Haushaltsfragen zu diskutieren.
Wegen der Pandemie musste der Gemeinderat die Verabschiedung des Doppelhaushalts 2020/21 verschieben. Er wird im Juni einen Plan nur für das laufende Jahr 2020 verabschieden. Der Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen sieht das laut einer Pressemitteilung „als große Chance für eine Neuorientierung in der Häfler Kommunalpolitik“. Es sei klar, „dass gekürzt werden muss“, schreiben die Ortsverbandsvorsitzenden Simone Kegelmann und Thomas Henne. Strukturdiskussionen seien dabei kein Widerspruch zum Krisenmanagement, sondern Voraussetzung für zielgerichtete Maßnahmen. Die Zukunftsvision der Grünen: „Wir sehen das ‚neue Normal‘
für ein lebenswertes Friedrichshafen in einer nachhaltig ausgerichteten Gemeinde, welche sozial-ökologische Aspekte gleichberechtigt in Einklang mit den ökonomischen Anforderungen bringt. Zu diesem Bild gehören eine neue Mobilität, Flächenund Kreislaufwirtschaft statt reiner Wachstumsziele und des einhergehenden Ressourcenverbrauchs, und die Stärkung der Solidargemeinschaft“, heißt es in der Pressemitteilung. Wichtig sei auch die Einhaltung der Klimaziele, die der Gemeinderat beschlossen habe.
Spreche man diese Themen jetzt nicht an, werde die Chance verpasst, „das Geld schon in 2020 zukunftsgerecht zu verteilen“, so die Grünen. „Eine pauschale Kürzung aller Budgets alleine kann das nicht heilen“, so Thomas Henne.
Simone Kegelmann fordert alle Fraktionen auf, „ihre Pflicht-Kompetenz, die in der Gemeindeordnung Baden-Württemberg geregelt ist, in Anspruch zu nehmen“. Das Etatrecht, das heißt die Kompetenz zur Vorgabe richtungsweisender Grundzüge für die Haushaltsführung, liege beim Gemeinderat. Der Ortsverband der Grünen unterstütze seine Fraktion bei dem Bemühen, diese Diskussion im Gemeinderat zu führen und die „zukunftsgerichteten Haushaltsanträge“aufrechtzuerhalten. „Vielleicht lassen sich andere Fraktionen davon mitreißen“, hofft Thomas Henne. Eine lebenswerte Stadt werde in der Krise genauso gestaltet, wie es ohne eine solche Krise der Fall gewesen wäre. „Ein demokratisches Darum-Ringen ist unsere Forderung an die Beteiligten“, ergänzt Kegelmann.