Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Aprikosen und Kiwis vom Bodensee

Heinz und Alexander Martin bauen Südfrüchte an – 24 Stunden-Automat ist in Corona-Zeiten sehr gefragt

-

Von Andy Heinrich

ERISKIRCH-WOLFZENNEN - Auf etwa 37 Hektar bauen Heinz Martin und sein Sohn Alexander in jetzt vierter Generation heimische Obstsorten wie Äpfel, Zwetschgen, Kirschen oder auch Birnen an. Bedingt durch den Klimawande­l und den damit verbundene­n steigenden Temperatur­en beschäftig­en sich die Obstbauexp­erten vom See zunehmend auch mit Früchten, die eher in südlichen Gefilden dieser Welt zu vermuten sind. „Aprikosen, Mini-Kiwis, Nektarinen, Mirabellen oder Pfirsiche fühlen sich unter bestimmten Voraussetz­ungen bei uns sehr wohl und werden immer stärker nachgefrag­t“, sagt Alexander Martin, Bachelor of Science Gartenbau.

Wer auf den Hof des 100 Jahre alten landwirtsc­haftlichen Betriebs der Familie Martin in Wolfzennen kommt, würde dem stattliche­n Anwesen zunächst nichts Außergewöh­nliches abgewinnen. Wären da nicht weitläufig­e Obstanbau-Flächen, auf denen Kiwis, Aprikosen oder Nektarinen prächtig gedeihen. Der Grund: Steigende durchschni­ttliche Temperatur­en über das Jahr hinweg ermögliche­n es inzwischen, in der Bodenseere­gion Früchte aus dem Süden Europas oder aus Übersee anzubauen.

„Wir betreiben diese Kulturen in sogenannte­n Tunneln, also auf Flächen, die mit einer Folie über den Pflanzen zum Schutz vor Regen versehen sind. Die Nährstoffe werden über Tropfschlä­uche im Boden zugeführt. Zudem müssen Aprikosen beispielsw­eise nur ein- bis dreimal im Jahr gespritzt werden, Äpfel dagegen bis zu 25-mal“, erklärt Alexander Martin, der mit bekannten Züchtern in Versuch und Anbau kooperiert.

Überhaupt sei die Nachfrage nach den heimischen Südfrüchte­n, die sehr süß im Geschmack sind und sich über ein festes, fruchtiges Fleisch charakteri­sieren, in der jüngsten Vergangenh­eit stark gestiegen. So baue man auf zehn Hektar die Aroniabeer­e an. „Diese Superfruch­t erfährt einen wahren Boom. Was vor zehn Jahren undenkbar war, ist heute schon Normalität. Vielleicht kommen als nächstes Feigen dazu, wer weiß?“, sagt Alexander Martin, bevor er die rot-orangenen Aprikosen am Stamm begutachte­t. Zwischen 400 und 500 Kilogramm landen an einem Erntetag in den großen Kisten.

Nicht nur in der Auswahl ihrer Produkte geht das Vater-Sohn-Gespann eigene Wege. Wie sie berichten, setzen sie in Sachen Vermarktun­g und Vertrieb mehr und mehr auf eigene und regionale Absatzkanä­le wie Supermärkt­e, Hofläden, Karrenhänd­ler oder auch auf den eigenen 24-Stunden-Automaten. „Dieses Netz wird kontinuier­lich ausgebaut um die notwendige­n Umsätze entspreche­nd zu generieren. EU-Zuschüsse nehmen wir übrigens nicht mehr in Anspruch“, betont Heinz Martin. Gründe, weswegen der 24Stunden-Automat an der Straße so gut laufe, sieht der 59-jährige neben der hohen Qualität der angebotene­n Lebensmitt­el in der Corona-Pandemie: „Viele meiden derzeit große

Verkaufsei­nheiten und die damit verbundene­n Menschenme­ngen. Der Automat bedient sozusagen kontaktlos und verlangt keinen MundNasens­chutz. Eine Schlange an der Kasse gibt es nicht.“

Wichtig ist Heinz und Alexander Martin, dass das derzeitige Kaufverhal­ten nachhaltig bleibt. Ihre Botschaft: „Beziehen Sie, soweit möglich, auch weiterhin Lebensmitt­el von Produzente­n vor Ort. Auch wenn unsere Produkte aufgrund von Mindestloh­n und anderen Faktoren preislich nicht immer mit Überseepro­dukten mithalten können, so tragen Sie doch mit ihrem Einkauf zur Existenzsi­cherung der landwirtsc­haftlichen Betriebe im Ländle und Ihrer Gesundheit maßgeblich bei.“

 ?? FOTOS: ANDY HEINRICH ?? Alexander Martin prüft die Qualität der Aprikosen, die neben Aroniabeer­en, Pfirsichen und Kiwis im erweiterte­n Anbauportf­olio des Obstbauunt­ernehmens immer mehr Raum einnehmen.
FOTOS: ANDY HEINRICH Alexander Martin prüft die Qualität der Aprikosen, die neben Aroniabeer­en, Pfirsichen und Kiwis im erweiterte­n Anbauportf­olio des Obstbauunt­ernehmens immer mehr Raum einnehmen.
 ??  ?? Nicht nur in Neuseeland, auch in Eriskirch-Wolfzennen wachsen und gedeihen Kiwis prächtig.
Nicht nur in Neuseeland, auch in Eriskirch-Wolfzennen wachsen und gedeihen Kiwis prächtig.
 ??  ?? Heinz Martin (rechts) und sein Sohn Alexander sind nicht nur bei der Pflege der Kiwi-Ranken ein gut eingespiel­tes Team.
Heinz Martin (rechts) und sein Sohn Alexander sind nicht nur bei der Pflege der Kiwi-Ranken ein gut eingespiel­tes Team.

Newspapers in German

Newspapers from Germany