Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Worsley kehrt an den Bodensee zurück

Der amerikanis­che Zuspieler verlängert bei Volleyball-Rekordmeis­ter VfB Friedrichs­hafen

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FRIEDRICHS­HAFEN (sz/md) - Der Abschied kam abrupt: Nur wenige Stunden nachdem bekannt wurde, dass die Volleyball-Bundesliga die Saison abbricht, saß Joe Worsley bereits im Flugzeug in Richtung San Francisco. „Das waren beinahe die verrücktes­ten 24 Stunden meines Leben“, sagt der Zuspieler des VfB Friedrichs­hafen über die Ereignisse am 12. und 13. März. „Am Donnerstag haben wir noch trainiert und am Freitagabe­nd war ich schon auf dem Weg zurück in die Vereinigte­n Staaten.“

Keine Sekunde zu früh, wie sich später herausstel­lte. Wegen der immer rascher grassieren­den CoronaPand­emie schlossen die USA nur wenig später ihre Grenzen in Richtung Europa. Ein paar Stunden später hätten Worsley und sein Landsmann Brendan Schmidt ihre Heimat wohl vorerst gar nicht mehr erreicht. Doch zur Freude, es noch rechtzeiti­g nach Hause geschafft zu haben, gesellte sich viel Ungewisshe­it. Schließlic­h wusste Worsley weder, was ihn in der USA erwartet, noch ob er jemals wieder nach Friedrichs­hafen zurückkehr­en wird. Sein Vertrag lief mit Ende der Saison aus. „Das ist wirklich alles sehr verrückt“, sagte der 23-Jährige nach seiner Ankunft in den USA im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Ich hätte mir gewünscht, wenigstens noch einen Tag Zeit zu haben, um uns von allen ein bisschen ausführlic­her zu verabschie­den.

Doch jetzt steht fest, dass die überstürzt­e Abreise kein Abschied für immer war. Joe Worsley kehrt zum VfB Friedrichs­hafen zurück und wird auch in der kommenden Saison Regie in der ZF-Arena führen. Der 23Jährige unterschri­eb jüngst einen Einjahresv­ertrag und geht damit in seine zweite Saison am Bodensee, wie der VfB mitteilt.

Dass es bald zu einem Wiedersehe­n kommt, hat der junge US-Amerikaner seinen Leistungen in der abgelaufen­en Saison und VfB-Trainer Michael Warm zu verdanken, der viel vom Zuspielert­alent hält. Worsley habe „gleich in seinem ersten Jahr nach dem College Verantwort­ung übernommen“, lobt Warm. Im Lauf seiner ersten Spielzeit am Bodensee spielte sich der eigentlich als Backup eingeplant­e Worsley mehr und mehr in die Startaufst­ellung und lieferte im Vergleich zu Konkurrent Jakub Janouch die deutlich besseren Statistike­n, ehe ihn eine Bauchmuske­lzerrung zurückwarf. „Bis zu seiner Verletzung hat Joe schon eine super Entwicklun­g gemacht, die dann leider kurz unterbroch­en wurde. Ich freue mich aber schon auf seine nächsten Schritte“, sagt sein Trainer

Worsley weiß dieses Lob zu schätzen, weiß aber, dass seine Chancen auf einen Stammplatz durch die Verpflicht­ung des slowenisch­en Nationalsp­ielers Dejan Vincic wieder gesunken sind: „Ich freue mich, mit Dejan Vincic von einem erfahrenen Teamkolleg­en weiter lernen zu können“, sagt er bescheiden. „Ich kann es kaum erwarten, mit ihm zu arbeiten.“

Wann das sein wird, hängt von vielen Faktoren ab. Auch drei Monate nach Saisonabbr­uch ist Worsley immer noch in den USA. Bei seiner Familie in der Bucht von San Francisco gehe es ihm gut, er trainiere viel, „um mich fit zu halten und mich auf die

Saison vorzuberei­ten“, erzählt er. Das Training muss aber noch zu Hause stattfinde­n, schließlic­h haben die USA noch mehr mit Covid-19 zu kämpfen als die Deutschen. „Es hängt viel an dem jeweiligen Bundesstaa­t“, erklärt der 23-Jährige. „Hier in Kalifornie­n ist alles noch sehr streng und die Einschränk­ungen sind sehr groß."

Eigentlich soll auch Joe Worsley zum Trainingss­tart im August in Friedrichs­hafen landen. Mit seinem neuen Arbeitsver­trag in der Tasche hätte er im Moment sogar die Chance, tatsächlic­h aus den Staaten nach Europa einreisen zu dürfen – trotz Einreisebe­schränkung. „Bis dahin halte ich mich fit und ich freue mich wirklich darauf alle wiederzuse­hen, von denen ich mich nicht einmal mehr verabschie­den konnte“, sagt er. Außerdem bastelt er an seinem Masterstud­iengang – online selbstvers­tändlich. Und noch ein Projekt hat er gestartet. Zusammen mit seinem Bruder ist er mit einigen Videos auf seinem YouTube-Kanal „Out of System" zu sehen. Worum es geht? Um Volleyball. Worum auch sonst?

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