Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein Pionier moderner Sozialpsychiatrie
Paul-Otto Schmidt-Michel bekommt das Bundesverdienstkreuz verliehen
Von Karin Schütrumpf
MECKENBEUREN - Für sein jahrzehntelanges außergewöhnliches Engagement für Menschen mit psychischen Erkrankungen hat BadenWürttembergs Sozialminister Manne Lucha dem Meckenbeurer Professor Dr. Paul-Otto Schmidt-Michel das von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier verliehene Bundesverdienstkreuz am Bande überreicht. Bei der Feier im Landratsamt in Friedrichshafen würdigten zahlreiche Laudatoren die Verdienste Schmidt-Michels.
„Nicht Abschottung, sondern Teilhabe ist das Ziel: Heute ist es unser oberstes Gebot, psychisch kranken Menschen Respekt und Wertschätzung entgegenzubringen und sie nicht auf ihre Erkrankung zu reduzieren. Dass sich diese Ansicht heute zum Glück gesellschaftlich breit durchgesetzt hat, das verdanken wir zu einem großen Teil PaulOtto Schmidt-Michel“, betonte Manne Lucha. Er lobte auch Schmidt-Michels Engagement für die Wiedereinführung der Familienpflege und seine Arbeit in den Vereinen Arkade und Pauline 13. „Sein vorbildlicher Einsatz und seine gelebte Mitmenschlichkeit verdienen unser aller Respekt“, betonte Lucha.
„Wir sind stolz darauf, dass einer der unseren mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wird. Du hast die Sozialpsychiatrie in unseren Köpfen verankert“, lobte Dr. Dieter Grupp vom Zentrum für Psychiatrie seinen ehemaligen Kollegen. Hubert Kirchner, Geschäftsführer des Vereins Arkade in Ravensburg, hob hervor, dass Schmidt-Michel die Gemeindepsychiatrie von Grund auf geprägt habe. „Du hast uns aufs Land getrieben und uns gesagt, dass wir vor Ort sein müssen“, würdigte er dessen Einsatz. Viele Außenstellen seien so entstanden. „Das Bundesverdienstkreuz hast du mehr als verdient“, betonte Kirchner. Auch Rainer Barth bedankte sich für die Zusammenarbeit mit Schmidt-Michel, die er als Sozialplaner im Landratsamt sehr zu schätzen gelernt habe.
„Sie sind keiner, der sich zur Ruhe setzt“, lobte Landrat Lothar Wölfle den Bundesverdienstkreuzträger. In seiner Laudatio bedankte sich Wölfle vor allem für Schmidt-Michels Arbeit am Gedenkbuch für die Opfer der NS-Euthanasie, in dem SchmidtMichel die Gesichter und Geschichten dieser Menschen sichtbar mache und für die Nachwelt bewahre. „Zu wissen, dass sich diese menschlichen Schicksale hier in unserer Region ereignet haben, macht besonders betroffen“, sagte Wölfle.
Seit seiner Pensionierung vor sechs Jahren widmet sich SchmidtMichel intensiv dem Online-Gedenkbuch. „Aus der Liebenau wurden 503 Menschen deportiert und in Grafeneck ermordet, davon zwei dort Betreute aus Meckenbeuren“, hat Schmidt-Michel herausgefunden. Nach den bisherigen Recherchen seien 86 Opfer aus dem Bodenseekreis in Grafeneck ermordet worden.
Der neue Verdienstkreuzträger bedankte sich für die Würdigung seines Lebenswerkes. „Ich habe mich mit der Auszeichnung schwergetan. Das hat etwas mit meiner oberschwäbischen Herkunft zu tun“, räumt Schmidt-Michel ein. Er sei am
Graf-Zeppelin-Gymnasium nach dem Motto „nichts gesagt, ist gelobt genug“erzogen worden. „Der einzelne Bürger wird ja ansonsten vom Staat nur dann angesprochen, wenn er Steuern zahlen soll oder wenn er eine Ordnungswidrigkeit begeht. Dass der Staat lobt, ist eher selten – insofern finde ich es angenehm, dass der Staat meine humanitären Bemühungen anerkennt, zumal dabei auch die weiter in diesen Projekten Arbeitenden ausgezeichnet werden“, sagte Schmidt-Michel der „Schwäbischen Zeitung“auf die Frage, was die Auszeichnung für ihn bedeute. SchmidtMichel nannte in diesem Zusammenhang die regionale Opferforschung, die Familienpflege und die menschenwürdige Versorgung von psychisch Kranken in Rumänien, für die er sich im Verein Beclean einsetzt.
Seit ich selbst Frau und Kind habe, mache ich mir natürlich auch mehr Gedanken, in was für einer Gesellschaft wir leben. Und es gibt Sachen, da muss man Gesicht zeigen, etwa gegen Rassismus, Extremismus und Terrorismus. (Bülent Ceylan, geboren 1976, Komiker)
Wir haben zu viel Soziologen und Politologen. Wir brauchen viel mehr Studenten, die sich für anständige Berufe entscheiden, die der Gesellschaft auch nützen. (Helmut Schmidt, 1918 bis 2015, SPDBundeskanzler)
Johannes und Paulus Bärengedenktag
Das ist unter dem Stichwort gedenkbuch-ns-euthanasie online zu finden auf der Seite
Das dritte der Drei Geheimnisse von Fátima wird in Rom publik gemacht.