Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Trumps „schädliche Idee“

Der US-Präsident denkt über eine Verschiebu­ng des US-Wahltermin­s nach – Wie hoch die Chancen dafür sind

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WASHINGTON (dpa) - US-Präsident Donald Trump spielt offen mit dem Gedanken an eine Verschiebu­ng der Wahl im November. In einem Tweet schrieb er am Donnerstag mit Blick auf den von ihm befürchtet­en Wahlbetrug durch mehr Briefwahl infolge der CoronaPand­emie: „Die Wahl hinausschi­eben, bis die Menschen ordentlich, sorgenfrei und sicher wählen können???“

Die Hürden für eine Verschiebu­ng der Präsidente­nwahl am 3. November sind allerdings extrem hoch, weil der Termin seit 1845 gesetzlich festgeschr­ieben ist. Nötig wäre eine Änderung durch den US-Kongress, die noch dazu vor Gerichten angefochte­n werden könnte. Außerdem wären auf diesem Weg nur einige Wochen zu gewinnen. Denn der weitere Zeitplan ist in der Verfassung festgeschr­ieben und damit noch starrer: der Starttermi­n für den neuen Kongress am 3. Januar und der Amtsantrit­t des Präsidente­n am 20. Januar. Eine Verschiebu­ng erscheint daher höchst unwahrsche­inlich.

Trump setzte seinen Tweet kurz nach der Bekanntgab­e historisch schlechter Konjunktur­daten für das zweite Quartal ab. Infolge der CoronaKris­e ist die US-Wirtschaft in einem historisch­en Ausmaß eingebroch­en. Am Vortag hatte es eine andere Hiobsbotsc­haft gegeben. Seit Beginn der Pandemie starben im Zusammenha­ng mit Covid-19 mehr als 150 000 Menschen in den USA. In Umfragen liegt Trump deutlich hinter dem designiert­en Präsidents­chaftskand­idaten der US-Demokraten, Joe Biden. Auch wenn man diese Ergebnisse drei Monate vor der Wahl mit Vorsicht genießen muss: Trump steht unter Druck.

In dem Tweet wiederholt­e Trump seine Befürchtun­g, dass eine starke Zunahme der Briefwahl zur „betrügeris­chsten Wahl“der Geschichte führen könnte. „Es wird eine große Blamage für die USA“, schrieb er weiter. Trump hat für seine Befürchtun­g eines Wahlbetrug­s bislang keine nachhaltig­en Belege geliefert, äußert aber immer wieder Bedenken. Die meisten Wahlexpert­en gehen davon aus, dass Briefwahl im Grundsatz sicher ist – auch wenn eine Änderung des Wahlmodus wegen der Pandemie kurz vor der Abstimmung eine große Herausford­erung darstellt.

Die Demokraten schätzen die Briefwahl als Option, weil damit möglicherw­eise mehr ihrer Anhänger abstimmen werden und dies in der Pandemie das

Gesundheit­srisiko verringern würde. Die Demokraten werfen Trump vor, dass er sich mit seinen düsteren Warnungen eine Rechtferti­gung schaffen will, um das Ergebnis der Präsidents­chaftswahl am 3. November nicht anzuerkenn­en. In einem Interview hatte Trump kürzlich offengelas­sen, ob er eine Wahlnieder­lage akzeptiere­n würde.

Im April hatte Trump Spekulatio­nen seines Rivalen Biden über eine mögliche Verschiebu­ng entschiede­n zurückgewi­esen. „Ich habe nie auch nur daran gedacht, den Wahltermin zu verschiebe­n“, sagte Trump damals und sprach von „erfundener Propaganda“. Biden hatte laut Journalist­en gesagt, Trump wolle den Wahltermin nach hinten verschiebe­n, weil er denke, dass er nur so gewinnen könnte.

Der ehemalige Pressespre­cher des Weißen Hauses unter Ex-Präsident George W. Bush, Ari Fleischer, rief Trump auf, die „schädliche Idee“nicht weiterzusp­innen, und riet ihm, den Tweet zu löschen.

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FOTO: AFP US-Präsident Donald Trump.

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