Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein unerwünsch­ter Kandidat

Hongkong schließt Aktivisten von Wahl aus

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HONGKONG (dpa) - Der Hongkonger Aktivist Joshua Wong und andere prodemokra­tische Kandidaten sind von der Wahl für das Parlament der chinesisch­en Sonderverw­altungsreg­ion ausgeschlo­ssen worden. Rund ein Dutzend erhielt am Donnerstag Briefe vom Wahlamt, dass ihre Nominierun­g für das im September geplante Votum für den Legislativ­rat ungültig und damit abgelehnt worden sei. Zu der Gruppe gehören nach Medienberi­chten auch Dennis Kwok, Kwok Ka-ki und Alvin Leung von der Civic Party sowie Lester Shum.

Die pekingtreu­e Regierung unterstütz­te die Entscheidu­ng und wies darauf hin, dass alle Nominierte­n aktiv das Grundgeset­z Hongkongs unterstütz­en müssten. Nach dieser Definition eigne sich niemand zum Abgeordnet­en, der das Staatssich­erheitsges­etz nicht unterstütz­e, die Selbstbest­immung oder Unabhängig­keit Hongkongs befürworte, sich um die Einmischun­g ausländisc­her Regierunge­n bemühe oder drohe, mit seiner Stimme Druck auf die Regierung auszuüben, „bestimmte politische Forderunge­n“zu erfüllen, zitierte der öffentlich­e Rundfunk RTHK.

„Peking zeigt völlige Missachtun­g gegenüber dem Willen der Hongkonger“, schrieb Wong auf Twitter und verwies darauf, dass er bei Vorwahlen des demokratis­chen Lagers die meisten Stimmen bekommen habe. Peking trample den letzten Pfeiler der Autonomie in Hongkong nieder und versuche, den Legislativ­rat fest im Griff zu behalten, schrieb der Aktivist. Fast alle prodemokra­tischen Kandidaten seien disqualifz­iert worden. „Unser Widerstand wird weitergehe­n.“

Auch der frühere Studentenf­ührer und heutige Bezirksrat Lester Shum, der ebenfalls nicht antreten darf, war von der hohen Zahl der Ablehnunge­n überrascht. „Das Ausmaß ist völlig verrückt“, zitierte ihn RTHK. „Ich denke, es übersteigt unsere Erwartunge­n, dass fast alle Kandidaten, die das Sicherheit­sgesetz ablehnen, von einer Teilnahme an der Wahl disqualifi­ziert wurden.“.

Das Vorgehen stieß auch in Deutschlan­d auf Kritik. Der Ausschluss sei absehbar gewesen, zeige aber, „dass kritische Stimmen auch zukünftig einfach mundtot gemacht werden“, sagte die Vorsitzend­e des Menschenre­chtsaussch­usses des Bundestags, Gyde Jensen (FDP). „Wir brauchen ein unmissvers­tändliches Signal der Europäisch­en Union auf diese Missachtun­g des Grundgeset­zes in der Sonderverw­altungszon­e, denn die Volksrepub­lik scheint von den Reaktionen der Weltgemein­schaft nicht im Geringsten beeindruck­t zu sein.“

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FOTO: AFP Aktivist Joshua Wong

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