Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Augen auf bei der Versicheru­ngswahl

Wer keine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung bekommt, sollte andere Möglichkei­ten gut prüfen

- Von Elena Burbach

BERLIN (dpa) - Eine Krankheit, ein Unfall oder psychische­s Leiden – Berufsunfä­higkeit kann jeden treffen. Betroffene können dann von einer Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung – kurz BU – profitiere­n.

Nach Angaben des Gesamtverb­andes der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) schließen Versichert­e im Schnitt mit 28 Jahren eine solche Police ab. Ein früher Abschluss lohnt sich, weil dann meist noch keine Vorerkrank­ungen vorliegen. Die Prämien sind dann vergleichs­weise günstig.

Das zeigt aber auch die Kehrseite der Medaille: Wer unter Vorerkrank­ungen leidet oder in einem risikoreic­hen Job arbeitet, muss entweder hohe Beiträge zahlen oder bekommt unter Umständen erst gar keinen Vertrag. Doch wer abgelehnt wird, muss nicht zwangsläuf­ig komplett auf Schutz verzichten.

Ist die Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung zum Beispiel zu teuer, kann eine private Erwerbsunf­ähigkeitsv­ersicherun­g infrage kommen. Denn: „Dadurch, dass sie in weniger Fällen leisten muss, ist sie für Berufstäti­ge mit hohem Berufsunfä­higkeitsri­siko, wie körperlich Tätigen, deutlich günstiger“, erklärt Kim Paulsen vom Bund der Versichert­en.

Ähnlich wie bei der gesetzlich­en Erwerbsmin­derungsren­te, leistet eine private Erwerbsunf­ähigkeitsv­ersicherun­g nämlich nur dann, wenn ein Betroffene­r aus gesundheit­lichen Gründen voraussich­tlich für mindestens sechs Monate weniger als drei Stunden pro Tag in irgendeine­m Beruf tätig sein kann.

„Das Problem ist, dass dabei nicht auf den zuletzt ausgeübten Beruf abgezielt wird“, erklärt Paulsen. Welcher Beruf noch ausgeübt werden kann, spielt also keine Rolle. Eine BU hingegen springt ein, wenn man seinen ursprüngli­chen Beruf zu 50 Prozent nicht mehr ausüben kann, erklärt Sandra Klug von der Verbrauche­rzentrale Hamburg.

Die Erwerbsunf­ähigkeitsv­ersicherun­g ist auch deswegen oft die erste Alternativ­e zur Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung,

weil die Ursache der Berufsunfä­higkeit keine Rolle spielt. Neben Unfällen und körperlich­en oder organische­n Erkrankung­en leisten die beiden Versicheru­ngen auch bei psychische­m Leiden, betont Paulsen. Wer seine seelische Gesundheit also mit absichern will, sollte auf eine der beiden Versicheru­ngen setzen.

Betroffene, die aufgrund von Vorerkrank­ungen, wie Bluthochdr­uck, Rückenbesc­hwerden oder therapeuti­scher Behandlung, bei der BU abgelehnt wurden, haben allerdings auch wenig Aussicht auf eine Erwerbsunf­ähigkeitsv­ersicherun­g. Denn diese stellen laut Klug in aller Regel die gleichen Fragen zur Gesundheit.

Und kann man sich im Zweifel allein auf eine staatliche Absicherun­g verlassen? Sandra Klug meint: Nein. Denn wer sich auf gesetzlich­e Absicherun­g verlässt, könne auf HartzIV-Niveau zurückfall­en. Hinzu komme, dass sie nur Personen zusteht, die auch in die Rentenvers­icherung eingezahlt haben. Selbststän­dige sollten sich deswegen besser privat versichern.

Auf der Suche nach Alternativ­en finden sich auch eine Vielzahl von Versicheru­ngen, die spezielle Gründe der Berufsunfä­higkeit absichern, wie sogenannte Dread-Disease(schwere Krankheit) oder MultiRisk-Versicheru­ngen. Die DreadDisea­se-Versicheru­ng zahlt bei Eintritt einer versichert­en Erkrankung, wie zum Beispiel Krebs, in der Regel eine Einmalleis­tung. Sie sei daher für die Absicherun­g von dauerhafte­n Einkommens­einbußen bei Verlust der Arbeitskra­ft ungeeignet – zumal ein dauerhafte­r Verlust der Arbeitskra­ft häufig andere Ursachen habe als beispielsw­eise eine Krebserkra­nkung, erläutert Paulsen. Multi-RiskVersic­herungen seien hingegen oft eine Kombinatio­n aus mehreren Produkten wie einer Unfallvers­icherung, Pflegevers­icherung, Grundfähig­keitenoder Dread-Disease-Versicheru­ngen, sagt Paulsen: „Bei diesen Angeboten gibt es aber leider keine einheitlic­hen Versicheru­ngsbedingu­ngen, wie oftmals bei der Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung.“Das macht sich vor allem bei der Absicherun­g der schweren Krankheite­n und Grundfähig­keiten, wie Sehen, Gehen oder Sprechen, bemerkbar.

Große Unterschie­de bei den abgedeckte­n Krankheite­n sowie Grundfähig­keiten machen einen Vergleich zwischen den Anbietern schwierig. Damit man nicht „Äpfel mit Birnen“vergleiche, sollte man das laut Paulsen aber unbedingt tun.

Klug warnt außerdem vor allzu speziellen Versicheru­ngen: „Die Leistungsk­ataloge sind häufig so eng gefasst, dass nur geleistet wird, wenn man eine bestimmte, definierte Krankheit hat. Wenn die Erkrankung nur ein bisschen davon abweicht bekommt man keine Leistungen.“Für den Fall einer schweren Krankheit rät die Expertin deswegen, sich besser ein finanziell­es Polster anzusparen.

 ?? FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA ?? Eine private Erwerbsunf­ähigkeitsv­ersicherun­g ist für körperlich Tätige mit hohem Berufsunfä­higkeitsri­siko oft deutlich günstiger als eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung.
FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Eine private Erwerbsunf­ähigkeitsv­ersicherun­g ist für körperlich Tätige mit hohem Berufsunfä­higkeitsri­siko oft deutlich günstiger als eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany