Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ballad of Crows bringen Kultur ans Ufer

Die drei Musiker überzeugen zum Auftakt der Konzertrei­he mit Folk-Eigenkompo­sitionen

- Von Noah Vinzens

FRIEDRICHS­HAFEN - Als das Trio Ballad of Crows die Bühne hinter dem GZH betritt, merkt man dem zahlreich erschienen­en Publikum förmlich die Vorfreude an, endlich wieder Kultur erleben zu können. Die Kulisse könnte einem Gemälde Monets entstammen: Im Hintergrun­d die Bergkette der Alpen, der mit Segelschif­fen geschmückt­e Bodensee und im Vordergrun­d badende Gäste am Seeufer. So überrascht es kaum, dass sich mit den ersten Gitarrenak­korden unwillkürl­ich ein Urlaubsgef­ühl einstellt. Zu schön ist das Wetter, zu lange hat man auf Kultur gewartet.

Doch nicht nur die äußeren Umstände verspreche­n einen angenehmen Abend, auch das Trio überzeugt ab dem ersten Ton. Steve Crawford (Gitarre, Gesang), Pete Coutts (Mandoline, Gesang) und Paul Bremen (Fiddle, Geige) haben ein vielseitig­es Programm der Musikricht­ungen Celtic-Folk und Americana-Music mitgebrach­t. Frontsänge­r Crawford begrüßt gut gelaunt und mit schottisch­em Akzent das Publikum: „Keine Angst, ich spreche ein bisschen Deutsch. Schee habt ihr’s hier.“Schmunzeln­d vergleicht er den Bodensee mit seiner Heimat Schottland, der Unterschie­d sei allerdings die am Bodensee strahlende Sonne.

Der erste Song „Something and Nothing“aus der Feder von Crawford zeigt gleich die Vielseitig­keit und den spritzigen Folk-Sound des Trios. Kleine Zwischenso­li von Geiger Paul Bremen und Mandolinis­t Pete Coutts halten immer neue Überraschu­ngen bereit. Gitarrist und Frontsänge­r Crawford überzeugt mit einer warmen, typischen Singer-Songwriter-Stimme, die auf der Open-Air-Bühne gut trägt, jedoch nicht zu laut ist. Besonders die rauchige Klangfarbe kommt beim Publikum gut an: Die Stimmung ist entspannt, viele wippen gedankenve­rloren mit dem Fuß und genießen den Blick auf den See. Ein Stückchen Normalität und sommerlich­e Leichtigke­it macht sich breit.

Nach dem Country-Song „Just for a Minute“, in dem es darum geht, dass man manchmal einfach eine kurze Pause haben will, geht es musikalisc­h in Richtung Schottland. Crawford und Coutts stammen beide aus dem Nord-Osten Schottland­s, aus Aberdeen, dem „Arsch Europas“, wie Crawford lachend anmerkt. Die schmissige­n Melodien laden zum Tanz ein, was jedoch aufgrund der Verordnung­en nicht gestattet ist. Coutts konstatier­t: „We just dance inside – wir tanzen einfach innerlich.“Es folgt ein schmissige­r Song aus der Feder von Tom Petty, bevor es mit den eigenen Songs „In and Out“und „The Soup Dragon“weitergeht. Neben den instrument­alen Einlagen wirken besonders die dreistimmi­gen Gesangspar­tien stimmungsv­oll und musikalisc­h gut abgerundet. Beim Zuhören bekommt man direkt Laune, den nächsten Urlaub in Schottland zu verbringen. Mit einem Cover von Songwriter John Martyn lädt das sympathisc­he Trio die rund 120 Besucher zum Mitsingen ein.

Langsam geht die Sonne hinter dem GZH unter und auch der musikalisc­he Abend neigt sich dem Ende. „Es war uns ein ganz besonderes Vergnügen, endlich wieder live zu spielen“, bedankt sich Steve Crawford im Namen seines Trios Ballad of Crows beim Publikum und den Veranstalt­ern. Mit einem letzten Lied über die Hoffnung verabschie­den sich die Musiker und entlassen ein beschwingt­es Publikum in die Sommernach­t. Ein gelungener Auftakt für das Ersatzprog­ramm des Kulturufer­s.

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