Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Angriff auf Polizisten: Einsatz wurde gefilmt
Beamten geht es nach Kniestoß gegen seinen Kopf wieder besser – Bodycam nahm Teile des Geschehens auf
RAVENSBURG - Ein Angriff auf einen Polizisten in Ravensburg Ende Juni hat für Diskussionen über mangelnden Respekt vor der Polizei und eine zunehmende Gewaltbereitschaft geführt. Jetzt hat der Gemeinderat offiziell auf Antrag der Fraktion „Bürger für Ravensburg“seine Solidarität mit der Polizei bekundet (siehe Kasten). Dem Beamten geht es nach einem Kniestoß gegen seinen Kopf wieder besser. Von der Tat gibt es laut Polizei und Staatsanwaltschaft Bodycam-Aufnahmen. Die mit der neuen Technik aufgenommenen Filme wurden bisher nur in einzelnen Strafverfahren als Beweismaterial genutzt.
Rückblende zum Fall: Am frühen Sonntagmorgen, 28. Juni, um 4.30 Uhr hielten zwei Streifenpolizisten nach Polizeiangaben in der Schussenstraße ein hupendes Auto an. Bei der Kontrolle vor einer Gaststätte wurde das Fahrzeug von etwa zehn Personen umringt, ein Mann entriss einem der Polizisten im Lauf der Kontrolle den Führerschein
und rannte davon. Der Autofahrer flüchtete. Die Polizisten verfolgten mehrere Männer zu Fuß und konnten zwei vorläufig festnehmen. Als einer der Beamten die Handfesseln eines am Boden liegenden Mannes schließen wollte, lief ein 29-Jähriger auf ihn zu und versetzte ihm mit dem Knie einen Stoß gegen den Kopf.
Der mutmaßliche Täter, der dem Polizisten den Kniestoß versetzt haben soll, sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Ihm wird unter anderem gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt außerdem gegen vier weitere Männer, darunter der kontrollierte und daraufhin geflüchtete Autofahrer sowie derjenige, der dem Polizisten den Führerschein entriss und davonrannte.
Der Polizist war wegen seiner Verletzung – einer Knochenabsplitterung an der Halswirbelsäule – drei Wochen dienstunfähig, arbeitet inzwischen aber seit 20. Juli wieder, wie Polizei und Staatsanwaltschaft gemeinsam auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mitteilten. Aber:
„Er ist nach wie vor gesundheitlich eingeschränkt, die Behandlung ist noch nicht abgeschlossen. Ob längerfristige Beschwerden bestehen bleiben, ist aktuell noch nicht absehbar“, so ein Polizeisprecher. Den Ablauf des Geschehens haben nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft auch Zeugen beobachtet, die nicht zur Gruppe der aggressiv gewordenen jungen Männer gehörten. Außerdem habe einer der beiden Polizisten beim Einsatz eine sogenannte Bodycam, eine am Körper befestigte Kamera, getragen. Diese sei aber aber nicht von Beginn an aktiviert gewesen, sondern sei erst im Laufe der sich dynamisch entwickelnden Lage eingeschaltet, heißt es.
Die Polizei wurde flächendeckend in Baden-Württemberg erst vor gut einem Jahr mit solchen Bodycams ausgestattet. Die damit aufgenommenen Einsatzverläufe dienten bisher daher eher selten als Beweismaterial in Strafverfahren – im Bereich der Staatsanwaltschaft Ravensburg nach Einschätzung des Behördensprechers Karl-Josef Diehl bislang nur in Einzelfällen. Welche Qualität die Aufnahmen hatten, sei ihm nicht bekannt, das hänge auch von den Umständen im Einzelfall ab.
Welcher Polizist im Ravensburger Fall die Bodycam trug und was genau auf den Aufnahmen zu sehen und zu hören ist, beantworten Polizei und Staatsanwaltschaft mit dem Verweis auf ein laufendes Ermittlungsverfahren nicht. Wann die dauerhafte Aufzeichnung durch die Bodycam vom Polizisten eingeschaltet werden darf, ist streng geregelt. Laut Polizeigesetz dürfen die Aufnahmen längerfristig gespeichert werden, wenn die Annahme begründet ist, dass Polizisten oder andere Personen dadurch vor einer Gefahr für Leib oder Leben geschützt werden können.