Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Engagement bedeutet mehr als Schulnoten
Droste-Hülshoff-Schule Friedrichshafen startet mit neuem Bildungsangebot
FRIEDRICHSHAFEN - Die DrosteHülshoff-Schule am Berufsschulzentrum in Friedrichshafen übernimmt eine Vorreiterrolle im Bodenseekreis. Zum Schuljahr 2020/21 startete dort die neue Schulart „AVdual-Ausbildungsvorbereitung dual“. Der Kreistag hatte im März 2020 beschlossen, sich an diesem Reformprojekt zu beteiligen.
In einem Modellversuch will das Land Baden-Württemberg mehr Jugendlichen den direkten Einstieg in eine Ausbildung ermöglichen. Außerdem sollen junge Menschen mit Förderbedarf auf eine Berufsausbildung vorbereitet werden. Mit diesen hehren Zielen startete der Modellversuch des Landes Baden-Württemberg zur Neugestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf vor sieben Jahren. Mit guten Erfolgen, wie sich mittlerweile gezeigt hat.
An der Droste-Hülshoff-Schule bedeutet das: 99 Schüler, aufgeteilt auf fünf Klassen, kommen in den Genuss des neuen Bildungsangebotes, das vom Land mit knapp 120 000 Euro gefördert wird. Zwei pädagogisch qualifizierte Begleiter unterstützen und betreuen dabei die Jugendlichen im Zusammenspiel zwischen Betrieb, Schule und Familie. Zielgruppe sind Jugendliche, die im Anschluss an den Besuch der allgemeinbildenden Schulen noch Förderbedarf haben. Die bisherigen berufsvorbereitenden Bildungsgänge sollen sukzessive durch die neue Schulform ersetzt werden.
Neben intensiver individueller Betreuung beim klassischen Lernen wird eine verstärkte Einbindung von Betriebspraktika angestrebt. AVdual soll nicht zuletzt auch dem Fachkräftemangel in der Region entgegenwirken. „Das ist ein weiterer Meilenstein in der beruflichen Geschichte der Droste-Hülshoff-Schule. Dank an das Land Baden-Württemberg, dass wir dabei sein dürfen“, erklärte Landrat Lothar Wölfle bei der regionalen Auftaktveranstaltung in den Räumen der Schule. Dazu waren neben Anette Krause (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport) und Karsten Altenburg (Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau) auch Vertreter des Staatlichen Schulamts Markdorf, der Arbeitsagentur, des Regierungspräsidiums Tübingen sowie der Handwerkskammer Ulm und der IHK eingeladen worden. Sie sind Teil einer regionalen Steuerungsgruppe, die von einem Regionalen Übergangsmanagement (RÜM) errichtet wird und für die Vernetzung und Koordinierung der einzelnen Projektpartner zuständig ist.
Teilnehmer und Redner waren sich über die immense Bedeutung der Betriebspraktika einig. „Da blühen manche auf, die vielleicht schulmüde sind“, berichtete Karsten Altenburg, der zudem von einem positiven „Klebeeffekt“sprach: Die Erfahrung in anderen Modellregionen habe gezeigt, dass viele Schüler eine Ausbildung in dem Betrieb beginnen, in dem sie zuvor ein Praktikum absolviert haben. Auch Anette Krause bezeichnete das Praktikum als „Herzstück“von AVdual. Sie selbst habe als studierte Sozialpädagogin vor ihrer Zeit im Ministerium als AVdual-Begleiterin gearbeitet und Jugendliche in Ausbildung vermittelt. „Schulnoten sind nicht entscheidend. Pünktlichkeit, der Wille und die Bereitschaft, Leistung zu erbringen, sind viel wichtiger“, berichtete Krause von den Rückmeldungen damaliger Arbeitgeber.
Von ersten Erfahrungen mit AVdual konnten Schulleiterin Angelika Seitzinger und Sabine Schäfer (Abteilungsleiterin AVdual) berichten. Derzeit läuft noch eine Kompetenzanalyse, nach deren Abschluss die individuelle Lernförderung beginnen kann. „Viele Schüler sind noch nicht ausbildungsreif. Denen tut dieses eine Jahr unheimlich gut“, erläuterte Seitzinger. Sie sieht vor allem die Bereiche Pflege, Gastronomie und Handwerk als besonders geeignet für die AVdual-Schüler. „Wenn wir keine Praktikumsplätze bekommen, haben wir keine Chance“, lautete ihr Appell an alle Teilnehmer.