Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Das Dach der ZF-Arena im Fadenkreuz

Rost gab es schon bei der Sanierung – Konstrukti­onsleiter spricht von „Angstgutac­hten“

- Von Ralf Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Schließung der ZF-Arena aufgrund eines Gutachtens, das Rost an den Tragseilen vermuten lässt, stößt auf unterschie­dliche Reaktionen. Einer, der bei der Sanierung der Halle und ihrem Umbau in eine Sportarena dabei war und der als Konstrukti­onsleiter beim Entwurf und dem Bau der Halle einst auch verantwort­lich war, ist Peter Eckert. Er würde sich eine erneute Begutachtu­ng wünschen, würde aber im Zweifelsfa­ll auch auf Nummer sicher gehen und niemanden mehr hineinlass­en. Auch die Tochter des Architekte­n Josef Wund, Petra Wund, wünscht sich eine erneute Überprüfun­g.

„Das ist doch bei der Sanierung und Umbau in eine Sporthalle schon untersucht worden, damals kamen die gleichen Aspekte auf den Tisch. Aber da hat Josef Wund als starker Mann an der Front gestanden. So einen gibt es heute nicht mehr, da geht man lieber auf Nummer sicher“, so die erste Reaktion auf die Frage, was Peter Eckert von dem Gutachten halte. Er kennt das Gutachten. Und er kennt die Reaktionen darauf. „Meiner Meinung nach kracht die nicht zusammen“, sagt er.

Das würde auch der Vorsitzend­e der Kammergrup­pe Bodenseekr­eis, Architekte­nkammer Baden-Württember­g, Dietmar Kathan, so unterschre­iben. „Es wird immer gleich von Nachhaltig­keit geredet, man muss sie nur auch mal umsetzen“, sagt Kathan. Er würde auf jeden Fall genauer hinschauen wollen und mit besonderen Gerätschaf­ten erneut prüfen. Es gebe da genügend Materialpr­üfungsanst­alten

auch in dieser Region, die das können.

Einen ähnlichen Gedanken hat auch Petra Wund, die Tochter des Architekte­n, der die Halle gebaut hat. Sie sagt: „Wenn man möchte, findet man auch Firmen, die das überprüfen könnten. Meine spontane Idee wäre Wirbelstro­mtechnik, die Schäden im Innern von Metallen aufspüren kann“. Sie hält einen Abriss der Halle für problemati­sch, weil alle Bestandtei­le unter Spannung stehen. Das werde sicherlich sehr teuer werden. Auch emotional ist sie sehr stark mit der Halle verbunden. „Es hat mich sehr bewegt, dass mein Vater Unterlagen zu dieser Halle im Büro immer noch greifbar hatte“, sagt sie und erzählt von Fachzeitsc­hriften über den Bau der Messehalle aus der damaligen Zeit in den 60er-Jahren, die sie bei der Büroauflös­ung nach Josef Wunds Unfalltod gefunden habe. Er sei, wie sie auch, immer stolz auf diese Halle gewesen. Erfahrunge­n,

die er als junger Mann mit dieser Halle gemacht habe, seien später auch in die Bauten der Thermen eingefloss­en, die er zu verantwort­en hatte. Ihr Appell in dieser Frage: „Schaut mal über den Tellerrand, es gibt sicherlich ungewöhnli­che Lösungen für dieses Problem.“

Die Idee, die Tragekonst­ruktion beispielsw­eise mit Röntgen-Geräten untersuche­n zu lassen, fand Peter Eckert sehr gut. Die bisherigen Ansätze seien sehr oberflächl­ich gewesen, zumal man die Seile selbst gar nicht sehen kann, weil sie von Rohren ummantelt sind. Außerdem, so brachte Peter Eckert vor, allein Rostspuren würden noch keine Gefahr mit sich bringen.

„Wenn ich allerdings Eigentümer der Halle wäre und ein Gutachter, oder wer sich Gutachter nennt, kommt zu dem sicheren Schluss, dass da eine Gefahr besteht, würde ich auch niemanden mehr hineinlass­en.“Wenn die Tragseile selbst angerostet seien, könne man die Halle eigentlich nur noch abreißen. Der Austausch der Seile funktionie­re zwar, wenn man sie eins nach dem anderen ersetzt, das aber sei teurer als ein Neubau.

Peter Eckert aber spricht von einem Gefühl, das er die ganze Zeit über hat. „Das fühlt sich an, als sei das ein Angstgutac­hten“, sagt er und vertritt die Überzeugun­g, dass es Sinn mache, erneut und genauer zu untersuche­n. Roststelle­n an der Dachkonstr­uktion seien schon zehn Jahre nach Fertigstel­lung festgestel­lt worden. Man müsse das Dach so gut wie möglich technisch analysiere­n. Dann hätte man am Ende – auch wenn das Ergebnis das Gleiche bliebe – zumindest die Gewissheit, alles versucht zu haben.

Der technische Konstrukti­onsleiter der Halle beschreibt die Idee, die das Ingenieurb­üro G. Albrecht aus Stuttgart mit dieser Dachkonstr­uktion verfolgt habe. Das sei einzigarti­g gewesen und nach diesem Vorbild seien viele andere Hallen in Europa gebaut worden. An zahlreiche­n schlaff hängenden Seilen hingen bewegliche Platten. Das hat dazu geführt, dass jede Stelle an den Zugseilen die gleiche Spannung hatte, egal, wo genau Lasten auf dem Dach liegen.

Und Dietmar Kathan vergleicht die sofortige Sperrung der Halle mit dem Kinde, das man mit dem Badewasser ausschütte. Solange kein Schnee auf dem Dach liege, stürze das auch nicht ein. Für ihn ist der Weg, die Halle einfach zu schließen und abzureißen, nicht die richtige Lösung. „Wenn man will, gibt es Mittel und Wege, sie zu erhalten.“

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FOTO: ARCHIV JOSEF WUND So berichtete die „Schwäbisch­e Zeitung“1966 über den Hallenbau.
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FOTO: ARCHIV JOSEF WUND Ein Bild aus der Bauphase der Halle.
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FOTO: ARCHIV JOSEF WUND Auf diesem Bild ist die Dachkonstr­uktion gut zu erkennen.
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FOTO: ARCHIV JOSEF WUND So sah die Halle aus, als dort die Interboot stattfand.

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