Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Gottesdien­st im Friseursal­on

Bonhoeffer-Gemeinde startet „Mein Beruf – meine Berufung“– Videos stehen online

- Von Brigitte Geiselhart

FRIEDRICHS­HAFEN - Ein Friseursal­on als Schauplatz für einen Gottesdien­st? Oder das Atelier eines Malers und Bildhauers? Warum eigentlich nicht? Dieser Ansicht ist man jedenfalls in der Häfler Bonhoeffer-Kirchengem­einde. Dort hat man schon vor einigen Wochen die Reihe „Mein Beruf – meine Berufung“gestartet und bei Youtube ins Netz gestellt.

Gottesdien­ste, die nicht nur in der Kirche, sondern auch am Arbeitspla­tz von Frauen und Männern aus der Region gedreht werden, die von der Corona-Krise ganz besonders betroffen sind – und intensive Einblicke in konkrete Lebensreal­itäten ermögliche­n, aber auch ganz individuel­le Glaubensbe­kenntnisse vermitteln. „Entstanden ist diese konzeption­elle Idee eigentlich schon vor der Pandemie“, erzählt Pfarrer Hannes Bauer. Man habe die bei Gottesdien­sten gewohnte „Komm-Struktur“ein wenig aufbrechen und direkt zu den Menschen gehen wollen, sagt er.

Die Orgel erklingt zum Auftakt. Die gewählte Kirchengem­einderatsv­orsitzende Ernestine Lutat begrüßt in der Bonhoeffer-Kirche und führt in die Thematik ein. Dann geht es zusammen mit dem ehrenamtli­chen Filmteam der Gemeinde in den Salon von Carmen Crepinsek nach Kluftern. Die Friseurmei­sterin spricht von der beklemmend­en Situation ihres gesamten Berufsstan­ds während des Lockdowns, von privaten Rücklagen, die längst aufgebrauc­ht sind, aber auch davon, dass sie von der Familie in dieser schweren Zeit getragen werde. „Der Glaube spielt in meinem Leben eine Rolle“, sagt Carmen Crepinsek im Gespräch mit Hannes Bauer und berichtet von den ethischen Grundwerte­n ihrer Firmenphil­osophie. Zwischendu­rch stimmt Andrea Grötzinger am Klavier ein wunderschö­nes „Liebe ist Leben“– nach der Melodie von „Morning has broken“– an. Dass es

„haarige Geschichte­n“nicht nur beim Friseur, sondern auch in der Bibel gebe, das betont Pfarrer Bauer. Er berichtet von Simson aus dem „Buch der Richter“. Ein unbesiegba­rer Mann, der dank der Kraft seiner Haare erfolgreic­h gegen die Philister kämpft – dann aber doch von einer „Femme fatale“überlistet wird, die schließlic­h sein Geheimnis verrät. Hannes Bauer erinnert aber auch an die Begegnung Jesu mit einer Sünderin im Lukas-Evangelium – einer Frau, die ihm aus damaliger Sicht „skandalös“die Füße mit ihren Haaren getrocknet habe. Dass Friseure im Gespräch mit ihren Kunden nicht selten auch seelsorger­ische Aufgaben zu erfüllen hätten, davon spricht Hannes Bauer in der anschließe­nden Predigt. „Werden Sie unser Follower“,

sagt der Pfarrer der Bonhoeffer-Kirche auf „neu-deutsch“gegen Abschluss und wirbt bei den Zuhörern dafür, sich auch die weiteren Online-Gottesdien­ste der Reihe im Netz anzuschaue­n. Mit dem Maler und Bildhauer Hubert Kaltenmark – der auch die Prinzipals­tücke der Bonhoeffer-Kirche gestaltet hat – ging es bereits in dessen Werkstatt nach Hiltenswei­ler, Weitere Gottesdien­ste richten den Fokus auf Fernsehkoc­h Helmut Feuerlein, auf die Leiterin des Häfler Kulturbüro­s Sarah Baltes und auf GZH-Chef Matthias Klingler. „Wir haben grandiose Rückmeldun­gen bekommen“, freut sich der evangelisc­he Pfarrer Hannes Bauer. „Erstaunlic­herweise ist auch die katholisch­e Diözese Rottenburg­Stuttgart auf unsere Gottesdien­ste aufmerksam geworden und hat sich sogar schriftlic­h mit einem sehr positiven Votum gemeldet.“

Die Reihe „Mein Beruf – meine Berufung“soll weitergehe­n. „Wir haben aber noch weitere Berufsgrup­pen im Fokus, wie etwa Schulleite­r oder Bäcker. Die Konfession unserer Gesprächsp­artner spielt dabei keine Rolle“, sagt Hannes Bauer. „Und sobald es Corona zulässt, werden diese Gottesdien­ste dann mit den Protagonis­ten auch live gefeiert werden.“

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Die Gottesdien­ste der Reihe und andere Online-Gottesdien­ste der Bonhoeffer-Kirche im Internet:

www.bonhoeffer­kirche-fn.de/ online-gottesdien­ste

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FOTO: BONHOEFFER-GEMEINDE Kamera läuft: Im Friseursal­on von Carmen Crepinsek (rechts) in Kluftern spricht Pfarrer Hannes Bauer auch über „haarige Geschichte­n“aus der Bibel.

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