Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Pakete werden einfach im Hausflur abgestellt“
Helga Leser aus der Werastraße berichtet von schlechten Erfahrungen mit Paketdiensten
FRIEDRICHSHAFEN - Helga Leser ist frustriert. „Ich habe ständig Ärger mit Paketdiensten“, sagt die 82-jährige, verwitwete Dame, die im sechsten Stock des großen Mehrfamilienhauses beim Kreisverkehr an der Ecke Wera-/ Eugenstraße wohnt. „Es wird nicht geklingelt. Pakete werden einfach im Hausflur abgestellt oder liegen auch schon mal in der Tiefgarage.“
Diese Erfahrungen hat die Häflerin mit verschiedenen Paketdiensten gemacht. Hermes und die Deutsche Post DHL widersprechen dieser Darstellung. „Die beschriebene Zustellpraktik entspricht in keiner Weise unserem Service- und Qualitätsverständnis“, sagt eine Hermes-Sprecherin aus Hamburg auf Nachfrage. Ähnlich argumentiert auch ein Sprecher der Deutschen Post DHLGroup aus München. „Unsere Paketzusteller stellen auch in der Werastraße Pakete nicht einfach im Flur ab“, betont er, sagt aber auch: „Unsere Zusteller berichten, dass die Haustür tagsüber offen steht und von Wettbewerbern ausgelieferte Pakete nahezu täglich im Eingangsbereich des Hauses liegen.“
Helga Leser ärgert sich auch darüber, dass sie schon mehrmals weite Wege in Kauf nehmen musste, um Pakete, die von DHL nicht zugestellt werden konnten, bei einer Abholstation in der Nähe der Messe entgegenzunehmen. Dass sich der jeweilige Abholort – den der Empfänger des
Pakets bei Einwurf einer entsprechenden Benachrichtigung erfährt – durchaus ändern könne, wird vom DHL-Sprecher bestätigt. Bei sogenannten „benachrichtigten Paketen“– also solchen, die dem Empfänger oder Nachbarn als Ersatzempfänger wegen Abwesenheit nicht zugestellt werden konnten – bedürfe es mit Blick auf die Logistik eines „ausgeklügelten Systems“, das standortindividuell erarbeitet werde, betont er. Hierbei seien unter anderem auch die Erreichbarkeit der Abholstationen, verfügbare Parkplätze sowie Personal- und Lagerkapazitäten zu berücksichtigen.
In dem betreffenden Haus in der Werastraße gibt es insgesamt 42
Wohnungen, aber auch zahlreiche gewerblichen Einheiten. „Ich stehe mit dem Problem nicht alleine da. Ich weiß, dass auch andere Bewohner des Hauses betroffen sind“, berichtet Helga Leser im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“– und weist darauf hin, dass auch Menschen, die selbst nicht im Haus wohnen, ohne große Probleme in den Flur gelangen könnten, in dem sie etwa in einem der Büros oder einer sich ebenfalls im Haus befindenden Arztpraxis klingelten. „Da kann man sich leicht vorstellen, dass im Flur liegende Pakete auch mal verschwinden“, sagt Helga Leser. Mit der unkorrekten Zustellung sei es aber leider nicht getan, ergänzt sie. So habe sie auch schon Rechnungen und Mahnungen für nicht zugestellte Pakete erhalten. „Einmal meldete sich sogar ein Inkassobüro bei mir“, sagt sie.
Falls der Zusteller niemanden angetroffen hat und auch keine Nachbarschaftszustellung möglich war, hinterlasse er einen Abholzettel im Briefkasten, so die Aussage von Hermes und DHL. „Bei Lieferungen durch Hermes kann ich die Pakete bei Foto Freisleben in der Allmandstraße abholen, das ist machbar“, berichtet Helga Leser. „Bei Paketen, die von DHL zugestellt wurden, musste ich schon zweimal ins Glaser Bürocenter, das weit draußen bei der Messe liegt, rausfahren. Das ist schon eine Zumutung – vor allem wenn man bedenkt, dass die Hauptpost beim Bahnhof ganz in der Nähe liegt. Wenn ich kein Auto hätte, dann wäre das ein vollkommenes Unding“, echauffiert sich die 82-Jährige. „Ich habe Verständnis für die Paketzusteller, die ja auch viel zu tun haben und nicht gerade zu den Bestbezahlten gehören. Aber so etwas geht trotzdem nicht“, fasst sie zusammen.
Grundsätzlich würden bis zu vier Zustellversuche an der Haustüre des Empfängers durchgeführt, sagt die Hermes-Sprecherin. Bei Nichtantreffen würde der jeweilige Zusteller in der Regel versuchen, eine Nachbarschaftszustellung vorzunehmen. Im Falle der beschriebenen Ablage eines Pakets im Hausflur handele der Zusteller eindeutig gegen die konkreten Arbeitsanweisungen. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort hätten sich bereits des geschilderten Falls angenommen und seien mit dem zuständigen Servicepartner in Dialog getreten. Die Sprecherin räumt ein, dass aufgrund von krankheitsbedingten Ausfällen zuletzt verschiedene Zustellerinnen und Zusteller in der Werastraße tätig gewesen seien. Der aktuelle Zusteller habe versichert, die Sendungen ordnungsgemäß abzugeben, sei aber nochmal nachgeschult worden. „Wir gehen davon aus, dass es zu keinen weiteren Problemen kommen wird. Wir nehmen jegliches Feedback, welches uns erreicht, sehr ernst, um unseren Kunden einen einwandfreien Service zu bieten“, sagt die Hermes-Sprecherin.
Aus seiner Sicht sei es selbstverständlich, dass zuerst geklingelt und dann eine angemessene Zeit gewartet werde, so der DHL-Sprecher. Im Falle eines Nichtantreffens des Empfängers werde die Ersatzzustellung bei einem Nachbarn versucht. Der DHL-Service „Wunschtag“, „Wunschnachbar“, „Wunschort“und „Wunschzeit“seien unter www.paket.de beschrieben. DHLAbholstationen in Friedrichshafen gibt es demnach in der Postbank Filiale am Bahnhofsplatz, beim Glaser Bürocenter in der Spatenstraße sowie in den Postfilialen Eckmähde oder Länderöschstraße, so der DHLSprecher. Man sei aber ständig auf der Suche nach zusätzlichen Abholstationen, um den Paketempfang noch kundenfreundlicher zu machen.