Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Weg frei für Aufrüstung der Bundeswehr
Bundestag für 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen – Mindestlohn und Renten steigen
BERLIN (epd/AFP) - Zur Stärkung der Bundeswehr hat der Bundestag am Freitag mit großer Mehrheit das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen verabschiedet. Am Freitag votierten bei einer namentlichen Abstimmung in Berlin 593 von insgesamt 736 Abgeordneten für eine Ermächtigung des Bundes, Schulden zu machen, um die deutschen Streitkräfte aufzurüsten. Zuvor hatte auch eine Grundgesetzänderung zur Absicherung des Sonderfonds die nötige Zweidrittelmehrheit bekommen. Dem muss auch noch der Bundesrat zustimmen. Damit reagiert die Bundespolitik auf Russlands Krieg gegen die Ukraine. Mit dem Geld soll unter anderem die Anschaffung von F35Tarnkappenjets bezahlt werden, aber auch die Ausstattung von Soldatinnen und Soldaten.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatten zuvor im Parlament für den Sonderfonds geworben. Einst sei Deutschlands militärische Stärke in Europa gefürchtet gewesen, sagte Lindner. „Heute wird in Europa gefürchtet, dass Deutschland militärische Defizite hat.“Dies werde nun verändert. „Wir haben uns diese Welt nicht ausgesucht, aber müssen uns dieser neuen Realität stellen“, erklärte Baerbock. Die Defizite bei der Bundeswehr seien keine Sekunde länger tragbar. Und Lambrecht fügte hinzu, dass mit der Mangelverwaltung Schluss sein müsse. Dafür werde der Grundstein gelegt.
Am vergangenen Sonntag hatten sich die Ampelfraktionen mit der
Union auf Details des Sondervermögens verständigt. Wegen der Verfassungsänderung war die Ampelkoalition auf Stimmen von CDU und CSU angewiesen. Linke und AfD kritisierten am Freitag die kurzfristig anberaumte Abstimmung über das Sondervermögen sowie generell die Grundgesetzänderung. Der AfD-Abgeordnete Peter Boehringer sprach von einem parlamentarischen „Schweinsgalopp“. Es sei keine Grundgesetzänderung nötig, um der Bundeswehr Geld zu geben.
Zudem hat der Bundestag am Freitag die diesjährige Rentenerhöhung beschlossen. Demnach steigen die Altersbezüge in knapp einem Monat um 5,35 Prozent in Westdeutschland und um 6,12 Prozent in Ostdeutschland. Der Rentenanstieg wäre wegen der 2021 deutlich gestiegenen Löhne eigentlich noch höher ausgefallen – dies verhindert jedoch der sogenannte Nachholfaktor. Er sorgt dafür, dass die Renten auch dann stabil bleiben, wenn es eigentlich wie 2021 rechnerisch eine Absenkung hätte geben müssen.
Zustimmung erhielt auch die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde. Das Gesetz der Bundesregierung wurde am Freitag mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen sowie der Linken angenommen, Union und AfD enthielten sich. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) würdigte die Erhöhung, die ab Oktober greifen soll, als „Frage des Respekts“für harte Arbeit. Für Niedrigverdiener sei dies vielfach „der größte Lohnsprung ihres Lebens“, sagte der SPD-Politiker am Freitag.