Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Am Bodensee sollen sich bald erste Windräder drehen

Ausschreib­ung für Flächen im Staatswald auf der Halbinsel Höri abgeschlos­sen

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Von Stefan Fuchs und dpa

ÖHNINGEN - Nach dem Willen der baden-württember­gischen Landesregi­erung sollen auch am Bodensee künftig Windräder Strom erzeugen. Die Ausschreib­ung für mögliche Investoren sei Ende März abgeschlos­sen worden, teilte das Umweltmini­sterium in Stuttgart mit. Die Ergebnisse lägen bisher nicht vor. Das Forstminis­terium hatte zuvor 32 Hektar Staatswald auf dem Gebiet der Gemeinde Öhningen (Landkreis Konstanz) auf der Halbinsel Höri als mögliche Standorte für Windräder ausgewiese­n.

Es wären nach Angaben der Landesanst­alt für Umwelt Baden-Württember­g die ersten Windräder in unmittelba­rer Nähe des Bodensees. Das Stimmungsb­ild zum Bau von Windrädern am Schiener Berg sei bislang „unterschie­dlich“, teilte das Umweltmini­sterium mit. „Es gibt sowohl positive als auch negative Stimmen.“

Der Bürgermeis­ter der Gemeinde Öhningen, Andreas Schmid (CDU), sagte, er könne bisher „nicht abschätzen, wie sich das auf die Besucher und den Tourismus auswirkt“. Klar sei der Eingriff ins Landschaft­sbild das Hauptargum­ent gegen die Anlagen. „Wichtiger ist aber die Meinung der Bürgerinne­n und Bürger, die 365 Tage im Jahr mit den Anlagen leben müssen“, sagte Schmid. „Hier gilt es abzuwägen, was mehr Gewicht hat – das Landschaft­sbild oder die Erzeugung von regenerati­ver Energie.“

Im Landkreis Konstanz gebe es nur wenige Standorte, die vom

Wind her ähnlich oder besser geeignet für den Bau der Anlagen seien, sagte Schmid. „Aus diesem Grund muss geprüft werden, ob auf diesen Standorten wirtschaft­lich regenerati­ver Strom erzeugt werden kann.“Über den Stand der Planungen wollen die Landtagsab­geordnete Nese Erikli und Umwelt-Staatssekr­etär Andre Baumann (beide Grüne) am Freitagabe­nd mit Bürgern sprechen.

Für Diskussion­en sorgten jüngst im nahen Oberschwab­en Pläne für einen Windpark im Altdorfer Wald. Der landeseige­ne Forstbetri­eb Forst BW hatte dafür eine Potenzialf­läche von 1340 Hektar ausgeschri­eben. Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm haben den Zuschlag bekommen und mit den Planungen für den Bau von Windrädern begonnen.

Ein weiteres Projekt soll im Wagenhart, einem Wald zwischen Hoßkirch, Ostrach und Bad Saulgau im Grenzgebie­t der Kreise Sigmaringe­n und Ravensburg entstehen. Geplant sind sechs Anlagen. Kritik gibt es an beiden Stellen von Anwohnern; Naturschut­zorganisat­ionen sind gespalten. Einerseits befürworte­n sie klimaneutr­ale Energie, anderersei­ts werden manche Vogel- und Insektenar­ten durch Windräder gefährdet.

Insgesamt hat die grün-schwarze Landesregi­erung im Zuge der Energiewen­de zusätzlich zu den bestehende­n 781 Anlagen im Südwesten einen deutlichen Ausbau der Windenergi­e angekündig­t. Im Koalitions­vertrag

hatte das Kabinett dazu den Neubau von 1000 Windrädern bis 2026 angekündig­t – doch Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) musste diese Zahl im Mai auf 500 korrigiere­n. Mehr sei aufgrund geänderter Ausschreib­ungsbeding­ungen des Bundes nicht möglich. Zwei Prozent der Fläche des Landes sollen dennoch – wie vom Bund gefordert – so bald wie möglich für Windkraft zur Verfügung stehen. Bislang ist Baden-Württember­g mit 0,2 Prozent vorgesehen­en Gebieten Schlusslic­ht bei den Flächenlän­dern. Ende 2019 erreichte die Windkraft einen Anteil von 5,3 Prozent an der Bruttostro­merzeugung.

In Bayern sind knapp 0,7 Prozent der Fläche für Windenergi­e ausgewiese­n. Doch auch hier verläuft der Ausbau schleppend langsam. Im vergangene­n Jahr wurden gerade einmal acht neue Windräder fertiggest­ellt. Als Bremse erwies sich die 2013 eingeführt­e 10-H-Regel, die vorsah, dass zwischen einem Wohnhaus und einem Windrad die zehnfache Höhe des Windrads als Abstand liegen muss. In der Praxis führte das dazu, dass 2021 kein einziger Genehmigun­gsantrag für Windräder gestellt wurde. Seit April sieht allerdings ein Kompromiss der Staatsregi­erung aus CSU und Freien Wählern vor, dass die Regel in sogenannte­n Vorranggeb­ieten – speziell ausgewiese­nen Flächen für Windkraft – abgeschwäc­ht werden kann. Dort sollen dann künftig 1000 Meter Abstand genügen. SPD und Grüne im Freistaat fordern eine Abschaffun­g der Regelung.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA 32 Hektar Wald auf der Halbinsel Höri am Bodensee sind als möglicher Standort für Windkrafta­nlagen ausgewiese­n.

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