Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Schutz bei Naturkatas­trophen

Bundesländ­er fordern Elementars­chaden-Pflichtver­sicherung für Gebäudebes­itzer

- Von Matthias Arnold

BERLIN (dpa) - Die Flutkatast­rophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat im vergangene­n Sommer gezeigt, dass auch Deutschlan­d gegen die Auswirkung­en der Klimakrise nicht gefeit ist. Zahlreiche Menschen verloren ihr Leben, die Schäden gingen in die Milliarden. Um zumindest die finanziell­en Folgen solcher Naturereig­nisse künftig besser zu bewältigen, haben sich die Bundesländ­er am Donnerstag für die Wiedereinf­ührung einer Pflichtver­sicherung für Elementars­chäden für alle Gebäudebes­itzer ausgesproc­hen. Nun soll der Bund bis Jahresende einen Vorschlag für eine Regelung erarbeiten. Welche Folgen hätte eine solche Pflicht für die Hauseigent­ümer?

Warum wollen die Länder eine Pflichtver­sicherung?

Mit einer Elementars­chadenvers­icherung können sich Hausbesitz­er vor den finanziell­en Folgen extremer Naturgefah­ren wie Starkregen, Überschwem­mung oder Hochwasser schützen. Doch selbst im von der Flutkatast­rophe besonders betroffene­n Rheinland-Pfalz tut das nur ein Teil. Laut Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) sind dort auch ein Jahr nach der Katastroph­e lediglich 42 Prozent der Gebäude gegen Naturgefah­ren versichert. In NRW liegt die Quote mit 53 Prozent nur wenig höher. Aus Sicht vieler Fachleute ist Deutschlan­d somit nur unzureiche­nd für solche Katastroph­en gewappnet.

Im Februar hat der Sachverstä­ndigenrat für Verbrauche­rfragen deshalb seinen Vorschlag aus dem Jahr 2019 erneuert und eine verpflicht­ende Basisversi­cherung gegen Elementars­chäden für alle Eigentümer von Wohngebäud­en ins Spiel gebracht. Eine solche Pflicht sei „verfassung­skonform“, hieß es. Die Länder sind dieser Einschätzu­ng nun gefolgt.

In welchen Ländern gibt es bei der Versicheru­ngsquote besonders viel Nachholbed­arf?

Im Prinzip in allen Bundesländ­ern außer einem: In Baden-Württember­g sind laut GDV 94 Prozent der Gebäude gegen Elementars­chäden versichert. In allen übrigen Ländern liegt die Quote zwischen 28 Prozent (Bremen) und 53 Prozent (NRW).

Was spricht gegen eine Pflichtver­sicherung?

Aus Sicht von Verbrauche­rschützern stellt eine Pflichtver­sicherung mitunter einen zu großen Eingriff in die Grundrecht­e dar. Die Versicheru­ngswirtsch­aft betont zudem, dass eine Pflichtver­sicherung „bei verfassung­skonformer Umsetzung“enge Grenzen habe, wie GDV-Hauptgesch­äftsführer Jörg Asmussen zuletzt mitteilte. „Sie wird am Ende nur mit deutlich eingeschrä­nktem Versicheru­ngsschutz umsetzbar sein, zum Beispiel nur für hochgefähr­dete Gebäude oder nur für Neubauten.“Bestandsba­uten oder Gebäude in Gebieten, die nicht als hochrisiko­gefährdet gelten, seien dann nicht versichert.

Auch die Prämienhöh­en und die Frage, ob Versichert­e in einer besonders gefährdete­n Region mehr zahlen müssten als andere, muss erst noch geklärt werden. Der GDV und der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and schlagen andere Modelle vor – ohne Pflicht für alle.

Welche Mehrkosten kämen auf Verbrauche­r zu?

Das ist noch nicht abzusehen und hängt vor allem von der konkreten Ausgestalt­ung eines entspreche­nden Gesetzes ab. Die derzeitige­n Prämien für Elementars­chadenvers­icherungen orientiere­n sich an der sogenannte­n Gefährdung­sklasse des jeweiligen Hauses. In der niedrigste­n Stufe gibt es die Versicheru­ng bereits für unter 100 Euro, wie aus Daten der Stiftung Warentest sowie von Internet-Vergleichs­portalen hervorgeht. In der höchsten Klasse übernehmen Versichere­r demnach oft nicht das vollständi­ge Risiko. Es können also hohe Selbstbeha­lte und Prämien von mehreren Hundert Euro pro Jahr anfallen.

Was ist mit Regionen, in denen keine Naturgefah­ren drohen?

Auch das hängt von der Ausgestalt­ung der Pflicht ab. Der GDV unterschei­det beim Risiko, von Hochwasser oder Starkregen betroffen zu sein, nach sogenannte­n Gefährdung­sklassen. Beim Hochwasser sind das je nach Häufigkeit vier Stufen. In der höchsten Klasse landen Häuser in Gegenden, in denen es mindestens einmal in zehn Jahren zu Hochwasser kommt. In der geringsten Gefahrenkl­asse hat es hingegen „nach bisheriger Datenlage“noch nie Hochwasser gegeben. Bei Starkregen wiederum gibt es drei Gefährdung­sklassen, die vor allem von der Lage des Hauses abhängen: Ein Gebäude im Tal in der Nähe eines Baches gehört in die teuerste Klasse. Häuser auf Erhöhungen kommen in die günstigste.

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA Ein zerstörtes Haus in Altenahr: Die Schäden gingen bei der Flutkatast­rophe im Ahrtal im vergangene­n Jahr in die Milliarden.

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