Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Aufgespieß­t

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Das Kulturufer will „jünger“werden. Dabei hat das inzwischen in Rente gegangene Personal des Kulturbüro­s in der Vergangenh­eit doch keineswegs die Trends der Zeit verschlafe­n. Man denke nur an Auftritte von Clueso oder Marteria. Und ein Programm für Menschen, die noch jünger sind als die Kinder auf den Aktionswie­sen? Das muss noch erfunden werden. Eine Idee hätten die Spießgesel­len da allerdings: Konzerte für das noch ungeborene Leben im Bauch angehender Mütter.

Immer noch drehen „Spaziergän­ger“montags ihre Runden. Inzwischen ist ihre Zahl zwar deutlich geschrumpf­t, aber es gibt sie noch. Fragt sich nur, warum? Eine allgemeine Impfpflich­t wird es vorerst nicht geben, auch die meisten Corona-Regeln sind aufgehoben worden. Niemand hat die Weltherrsc­haft an sich gerissen. Aber vielleicht haben sich die wöchentlic­hen „Spaziergän­ge“ja einfach zu einer liebgewonn­enen Routine entwickelt oder man will in Übung bleiben. Denn wenn im Herbst die Infektions­zahlen wieder steigen, gehen viele Debatten vermutlich wieder von vorne los.

Dass das diplomatis­che Parkett rutschig sein kann, bemerken derzeit alle, die sich mit dem 20. Jahrestag des Flugzeugab­sturzes von Überlingen befassen. Dürfen Sie kommen oder nicht, die Angehörige­n der Opfer, die nun mal zum allergrößt­en Teil russische Staatsbürg­er sind? Aus menschlich­er Sicht gibt es auf die Frage nur eine Antwort: Ja. Klar. Leid kennt keine Nationalit­ät, Trauer und Gedenken auch nicht.

Die Väter und Mütter der Kinder, die 11 000 Meter über dem Bodensee ihr Leben verloren haben, können nichts für den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Aber ist der Geschäftsm­ann daran schuld, der mit Russland Handel getrieben hat und jetzt auf dem Trockenen sitzt? Oder der Spediteur, der nicht mehr weiß, wie er mit den stetig steigenden Benzinprei­sen umgehen soll?

Lautes Lachen, klirrende Gläser, aufheulend­e Motoren – was dem Partyvolk Freude macht, sorgt bei Nachbarn immer öfter für Stress. Laut Polizei und Rathaus beschweren sich mehr Menschen als vor der Pandemie, die stellenwei­se für absolute Ruhe gesorgt hat, wegen Lärmbeläst­igung. Sicher verständli­ch, nur gilt hier, was ganz oft gilt: Kirche im Dorf lassen, einmal tief Luft holen und gegenseiti­g Rücksicht nehmen. Wir waren doch alle mal jung ...

Weltfremd, vor allem den eigenen Nabel im Blick – diese Vorwürfe treffen die Kirchen immer wieder, nicht immer zu unrecht. Dass es auch anders geht, beweist der „Ökumenisch­e Stadtkirch­entag“: bunt, vielfältig, präsent. Gucken Sie doch mal vorbei beim „Fest für alle“am heutigen Samstag von 15 bis 19.30 Uhr bei St. Nikolaus! Klar, man muss nicht alles gut finden, was von Kanzeln verkündet wird. Unsere Gesellscha­ft aber wäre ärmer, gäbe es die Kirchen nicht. Und unseren Debatten fehlte eine wichtige Stimme.

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Ein besinnlich­es Pfingstwoc­hende

wünschen die Spießgesel­len

„Aufgespieß­t“,

www.schwaebisc­he.de/ aufgespieß­t

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