Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Zugestochen bei der Musikmuschel
Brutale Tat im Uferpark vor Gericht – Mann soll abgebrochene Flasche benutzt haben
FRIEDRICHSHAFEN - Die brutale Tat im Uferpark in Friedrichshafen hatte im vergangenen Jahr für Aufsehen gesorgt: Ein 22-Jähriger soll beim Streit mit einer Gruppe Urlauber mit einer abgebrochenen Flasche zugestochen haben. Dafür – und für zahlreiche weitere Taten – muss er sich nun vor dem Landgericht Ravensburg verantworten. Beim ersten Prozesstag verlas lediglich die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift. Doch klar wurde bereits: Der Mann hat offenbar nicht zum ersten Mal eine Flasche als Waffe benutzt – und mutmaßlich noch einiges mehr auf dem Kerbholz.
Im Zentrum des Prozesses gegen den 22-jährigen Mann, der aus Afghanistan stammt, steht die Nacht auf den 6. August 2021. Staatsanwalt Julian Mayer legte dar, wie die Geschehnisse aus Sicht der Anklage abliefen. So soll der junge Mann im Bereich zwischen Gondelhafen und Musikmuschel unterwegs gewesen sein und Alkohol konsumiert haben. Gegen halb drei traf er laut Mayer auf eine sechsköpfige Gruppe und verlangte von einem der Männer ein Bier. Dieser lehnte das ab, worauf es zu Beleidigungen – der Angeklagte soll den Mann „Hurensohn“genannt haben – und einem Handgemenge kam.
Die Gruppe wollte dazwischen gehen, worauf der 22-Jährige eine Bierflasche gegen ein Geländer geschlagen haben soll. „Mit dem abgebrochenen Flaschenhals stach er in Richtung linker Halsseite zu“, sagte der Staatsanwalt. Dabei habe der Angeklagte in Kauf genommen, dass der Mann durch den Stich am Hals verletzt werden könnte – mit einem potenziell tödlichem Ausgang. Weil der andere Mann ausgewichen sei, traf der 22-Jährige ihn nur am Ohr, so der Staatsanwalt. „Dadurch wurde sein linkes Ohrläppchen nahezu vollständig abgetrennt.“
Im Anschluss sei der Angeklagte zu einem Blumenbeet weitergezogen, verfolgt von einem anderen Mann aus der Gruppe. Der 22-Jährige soll daraufhin ein Messer gezogen und seinen Verfolger mit diesem Messer in der einen und der abgebrochenen Flasche in der anderen Hand bedroht haben. Dann habe er in Richtung Friedrichstraße das Weite gesucht, sagte der Staatsanwalt. Versuchter Totschlag, gefährliche Körperverletzung, Bedrohung – all diese Verbrechen soll der junge Mann laut Anklageschrift in dieser Nacht begangen haben.
Doch damit nicht genug. Staatsanwalt Mayer verlas weitere Taten, die der Angeklagte – der seit Dezember in Untersuchungshaft sitzt – im vergangenen Jahr begangen haben soll. Bei einer hat er mutmaßlich ebenfalls eine Flasche als Waffe benutzt. Der Vorwurf: Am 13. August soll er nachts wieder im Uferpark unterwegs gewesen sein. „Zuerst trat er gegen den Hund einer entgegenkommenden Frau“, sagte der Staatsanwalt. Danach habe er mit der Faust gegen die Schulter der Frau geschlagen. Als ihr Mann den 22-Jährigen stellen wollte, schlug ihm dieser laut Anklage mit einer Wodkaflasche ins
Gesicht. „Die Flasche zerbrach dabei“, sagte Staatsanwalt Mayer.
Der 22-Jährige saß bereits in Strafhaft. Laut Staatsanwaltschaft hat er im Mai vergangenen Jahres – nur wenige Wochen, nachdem er entlassen worden ist – zwei Menschen bedroht. „Er zeigte ihnen ein Messer und sagte unter anderem ’Ich bringe euch um’ und ’Ich steche euch ab’“, schilderte der Staatsanwalt. Und noch weitere Körperverletzungen und Bedrohungen sollen auf das Konto des jungen Mannes gehen. So hat er offenbar im August 2021 einen Mann erst beleidigt und dann gedroht, ihn umzubringen. Später soll er den Mann mit der Faust geschlagen haben – und zwar im Beisein von inzwischen eingetroffenen Streifenpolizisten. Zudem wirft ihm die Anklage eine Sachbeschädigung in der Riedleparkstraße – eine eingeschlagene Glasscheibe – vor.
Die zahlreichen Tatvorwürfe werden vor Gericht gebündelt verhandelt. Entsprechend hat das Landgericht einige Termine für den Prozess anberaumt. Beim ersten Verhandlungstag am Freitag blieb es bei der Verlesung der Anklageschrift. Angaben zu den Tatvorwürfen oder seiner Biografie machte der Angeklagte zunächst nicht. Auch Zeugen waren noch keine geladen. Weiter geht die Verhandlung am Dienstag, 21. Juni.