Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
So sieht Meckenbeuren Elisabeth Kugels Abschied
Karl Gälle würdigt im Gemeinderat die scheidende Bürgermeisterin, die die Frage aufwirft: „Ist es ein Scheitern?“
MECKENBEUREN - In würdiger Weise ist Elisabeth Kugel am Mittwochabend im Gemeinderat verabschiedet worden. Ehe sie selbst ihre Abschiedsrede als Bürgermeisterin hielt, hatten im Rathaussaal Karl Gälle, Christoph Keckeisen und Reinhold Schnell das Wort ergriffen. Neben den Ratsmitgliedern verfolgten um die 30 Gäste die Feierlichkeit am Ende der öffentlichen Sitzung – darunter aktuelle und einstige Verwaltungsmitarbeiter (so Ex-Kämmerer Simon Vallaster und der designierte Nachfolger Georg Schellinger) plus vier Bürgermeister-Kollegen aus dem Kreis. Ein Stehempfang schloss sich im Gang ab 21.30 Uhr an.
Als erster Stellvertreter der Bürgermeisterin führte Karl Gälle durch den Tagesordnungspunkt, der ein „ganz besonderes Ereignis“markiere. „Für unsere Gemeinde als fast schon historisch“stufte er die Verabschiedung ein und zitierte Elisabeth Kugel aus dem Januar, als sie die „Dauerbelastung“zur Begründung ihres Rücktritts anführte. „Mit allergrößtem Respekt“sei die Entscheidung im Rat auf- und angenommen worden.
Den Abend verstand Gälle als Gelegenheit, danke zu sagen – beginnend bei der persönlichen Einstufung als „von gegenseitigem Vertrauen getragenes Miteinander“. Wohl habe es „zuweilen aufkommende Wogen“gegeben, doch seien diese von Elisabeth Kugel „in der dir eigenen Art geglättet“worden.
Ein „unermüdliches Engagement für unsere Gemeinde“bescheinigte ihr der CDU-Rat und hob das Gemeindeentwicklungskonzept (GEK) als „besondere Duftmarke“hervor. Eines der Markenzeichen von Elisabeth Kugel sei „das Kommunizieren mit den Bürgern auf Augenhöhe“gewesen.
Hatte Ingrid Sauter fürs Gremium das Geschenk überreicht, so setzte Christoph Keckeisen die Grußworte fort. Als Erster Landesbeamter im Landratsamt vertrat er den Landrat. „Ereignisreiche Jahre“voller Herausforderungen sah er hinter Kugel liegen. Dabei gelte: „Sie hatten die Interessen Meckenbeurens immer im Blick.“Stets bemerkbar sei gewesen: „Die Menschen liegen Ihnen am
Herzen“, was die Bürgermeisterin bodenständig und bürgernah vermittelte. Daher befand der 45-Jährige: „Ihre Bilanz kann sich sehen lassen.“Elisabeth Kugel sei in den viereinhalb Jahren ihren Grundsätzen treu geblieben und ihrem Kompass gefolgt.
Nicht verschweigen wollte der gebürtige Meckenbeurer, dass die Verantwortungsträger die Erwartungshaltung und Wünsche der Bevölkerung spüren – was er als „Antrieb und Spiegel zugleich“verstand. „Bürgernähe bedeutet nicht, dass man sich als Entscheider alles gefallen lassen muss“, war Keckeisens klar akzentuierter Impuls, der in Dankesworte an die erste Frau mündete, die in Meckenbeuren zur Bürgermeisterin gewählt wurde.
„Ich war ganz schön überrascht“, blickte Reinhold Schnell auf den „Paukenschlag“zurück, den er im Januar
vernahm. Als Sprengel-Vorsitzender der Bürgermeister bekannte Neukirchs Ratshaus-Chef: „Die Entscheidung nötigt Respekt ab“, zumal dies der richtige Schritt sei, „wenn es an die Gesundheit geht“. Elisabeth Kugel habe er „als Mensch kennengelernt, der das Herz am richtigen Fleck“habe. Mit Einsteins Sinnspruch, „Abschiede sind Tore in neue Welten“, verband er die besten Wünsche für den neuen Lebensabschnitt der 50-Jährigen.
Über jeden einzelnen Gast an diesem Abend freute sich Elisabeth Kugel, die ans Motto ihres Wahlkampfs 2017 erinnerte: „Lassen Sie uns Meckenbeuren miteinander menschlich gestalten.“Wichtig war ihr: Es solle keine „One-man-Show“sein, diese Gemeinde zu verwalten und zu gestalten. Als „schwer vorstellbar für einen Quereinsteiger“skizzierte sie, was innerhalb einer Verwaltung alles zu bedenken sei. Dazu gehörte, dass eine Bürgermeisterin auch energisch sein müsse – und sie es „nicht allen recht machen“könne. Gerade in prekären Situationen sei es schwer, dies durchzuhalten.
Solch kritische Töne blieben die Ausnahme: Auf Dank und Wertschätzung legte Elisabeth Kugel den Fokus samt der positiven Aspekte aus den vier Jahren. Mit dem GEK stehe ein Gerüst bereit, das sich füllen lasse und den Meckenbeurern zu Selbstbewusstsein verhelfe, denn: „Wir wissen jetzt mehr über uns.“
Vieles habe sich in die richtige Richtung entwickelt, so Kugel. Ihre Wünsche für Meckenbeuren enthielten ein weiteres Aufblühen im wörtlichen wie übertragenen Sinn sowie einen irischen Segensspruch: „Mögest du immer einen Blick für das Sonnenlicht haben, das sich in deinen Fenstern spiegelt, und nicht für den Staub, der auf den Scheiben liegt.“
Dankbar zeigte sich Elisabeth Kugel „für die Entwicklung, die ich nehmen durfte“und beantwortete das Grübeln angesichts ihres Rücktritts (“ist es ein Scheitern?“) eindeutig: Nein, wenn diese Entscheidung bewusst getroffen werde, sei es „weiter ein Gestalten“.
Für einen trefflichen Rahmen sorgte die Abordnung der Musikschule aus der Percussion-Klasse von Claus Furchtner. Hatten Johannes Gessler (“Yellow after the rain“), Elia Probst (“Dance on an Shattered Mirrow“) und Finn Spinnenhirn mit „Gitano“in Solobeiträgen an der Marimba geglänzt, so setzten Moritz Nussbaumer, Elia Pröschel, Muthe Stoyke, Peter Schimmels und Claus Furchtner mit Bachs G-Moll Fuge den reich beklatschten Schlusspunkt.