Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Käpt’n Kommando kehrt zurück

Kimmich ist nach längerer Pause zurück in DFB-Auswahl und soll sofort wieder Chef sein

- Von Patrick Strasser

BOLOGNA - Zu Robert Lewandowsk­i? Nein, danke. Alles schon gesagt, nur noch nicht von jedem – auch nicht von Joshua Kimmich. Doch der Mittelfeld­spieler lehnte es ab, über den Wechselzof­f seines aktuellen und wohl bald ehemaligen Teamkolleg­en beim FC Bayern zu sprechen auf der DFB-Pressekonf­erenz am Freitagmit­tag vor der Abreise nach Bologna, sagte nur kurz und knapp: „Die Frage war ja auch sehr beliebt in den letzten Tagen. [...] Das müssen Verein und Spieler untereinan­der klären.“Status: Sie versuchen es.

Emotionale­r, ja richtig angefasst, war der 27-Jährige als es um die Zukunft von Serge Gnabry ging, der ebenfalls nur noch ein Jahr Vertragsla­ufzeit hat. „Das ist für mich ein schwierige­s Thema. Serge ist nicht nur auf dem Platz wichtig, er ist auch mein bester Freund. Wir verstehen uns auf und neben dem Platz sehr gut“, sagte Kimmich und rutschte auf seinem Stuhl unruhig hin und her, „deswegen hoffe ich, dass er bleibt. Er weiß ja, was er an Bayern hat. Jeden Tag in ein Team zu kommen, wo wir Spaß haben. Er hat jedes Jahr die Chance, um alle wichtigen Titel mitzuspiel­en. Als Freund ist es mir auch sehr wichtig, dass er eine Entscheidu­ng trifft, mit der er am Ende zufrieden ist – es muss die richtige Entscheidu­ng sein.“

So empathisch und emotional hat bisher nur Trainer Julian Nagelsmann um den Flügelspie­ler gekämpft. Auch Bundestrai­ner Hansi Flick sprach in Sachen Gnabry ein überrasche­ndes Plädyoer pro Verbleib bei Bayern aus: „Er war hinter Robert Lewandowsk­i immer derjenige, der die meisten Tore geschossen hat (14 Bundesliga-Treffer in dieser Saison, d.Red.). Er weiß, dass bei Bayern seine Kumpels sind und was man an dem Verein hat. Ich glaube nicht, dass es damit zu tun hat, dass er dort zu wenig Geld verdienen könnte. So kenne ich Serge nicht. Die Entscheidu­ng, ob er verlängert oder nicht, ist auch die, ob er aus seiner Komfortzon­e herausgeht.“

Stichwort Komfortzon­e – und damit zurück zu Kimmich, der tatsächlic­h einen großen Anteil daran haben dürfte, wenn Kumpel Serge wie er selbst (bis 2025) doch noch verlängert. Stichwort Nummer 2: verlängert. Kimmich gilt als verlängert­er Arm von Flick im Nationalte­am. „Da wir mit zwei Sechsern spielen, müssen die gut aufeinande­r abgestimmt sein. Der eine muss auf den anderen aufpassen“, so Flick. Also Kimmich auf Leon Goretzka, noch ein dicker Kumpel, der ebenfalls im Herbst sein Arbeitsver­hältnis bei Bayern ausgedehnt hat (sogar bis 2026) – und umgekehrt. Flick: „Darauf haben wir im Trainertea­m aufmerksam gemacht. Klarheit im Spiel ist auf dieser Position enorm wichtig.“Ist Kimmich klar.

Gegen die Squadra Azzurra feiert er sein Comeback im DFB-Trikot. Aufgrund der coronabedi­ngten Pause im November (erst als Quarantäne-Opfer wegen seiner Impf-Verweigeru­ng, dann als Infizierte­r) und der Pause im März, als seine Partnerin Lina Meyer das dritte gemeinsame Kind erwartete, verpasste er vier

Länderspie­le. In Bologna steht Nummer 65 an. „Leider war ich im letzten halben Jahr nicht zu oft bei der Nationalma­nnschaft“, sagte er und fügte hinzu: „Die Freude ist immer groß, wenn man für Deutschlan­d spielt.“Käpt'n Kommando kehrt zurück – das ist unbestritt­en. Aber ist er nach der quälenden Corona-Causa überhaupt noch unumstritt­en im DFBKreise? Sein Ruf hatte gelitten. Außerdem

war seine Saison mit dem FC Bayern und dem zu frühen Champions-League-Aus im Viertelfin­ale persönlich und als Mannschaft eher durchschni­ttlich bis mäßig. Leidet darunter die Autorität eines Spielers, leidet der erarbeitet­e Führungsan­spruch? „Ich bin froh, dass ich wieder hier bin“, sagte er, „ich habe das Gefühl, dass ich hier schon gern gesehen bin.“

„Ich bin froh, dass ich wieder hier bin. Ich habe das Gefühl, dass ich hier schon gern gesehen bin.“

Joshua Kimmich

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FOTO: JULIEN BECKER/IMAGO Joshua Kimmich (Mi.), hier mit Julian Brandt (li.) und Anton Stach, geht direkt wieder voran.

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