Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Drama um Zverev
Olympiasieger wird bei French Open von Verletzung gestoppt – Nadal wieder im Finale
PARIS (dpa) - Alexander Zverev kehrte an Krücken zurück auf den Court Philippe Chatrier. Begleitet von Rafael Nadal humpelte Zverev in Richtung Schiedsrichterstuhl und verkündete, was alle bereits ahnten: Wegen einer Fußverletzung musste der Tennis-Olympiasieger sein Halbfinale gegen den 13-maligen ParisChampion beim Stand von 6:7 (8:10), 6:6 aus seiner Sicht nach mehr als drei Stunden Spielzeit aufgeben. Was für ein Drama, was für ein bitteres Ende einer unfassbaren Partie im Stade Roland Garros.
Zverev schrie, nachdem er umgeknickt war, laut auf und blieb auf dem Boden liegen. Der 25-Jährige wurde mit dem Rollstuhl vom Platz geschoben. Wenig später kam Zverev, begleitet von Nadal, an Krücken zurück, Schuh und Socken am rechten Fuß ausgezogen und gab mit einer Umarmung von Nadal auf.
„Das ist so was von unverdient. Da kann alles passieren, aber so etwas ist einfach nur unverdient“, sagte Zverevs Bruder Mischa als TV-Experte bei Eurosport geschockt. „Wenn du so verletzt bist wie Sascha jetzt, wird dir für eine gewisse Zeit ein Stück deines Lebens genommen, weil du nicht laufen, nicht auf den Tennisplatz gehen kannst.“
Der am Freitag 36 Jahre alt gewordene Nadal hat nun am Sonntag die Chance, seinen 14. Titel bei den French Open zu gewinnen und seinen Rekord von 21 Triumphen bei Grand-Slam-Turnieren auszubauen.
Doch richtig freuen konnte sich Nadal über seinen erneuten Einzug ins Finale nicht. „Das ist sehr hart für ihn. Das tut mir sehr leid. Er hat unglaubliches Tennis gespielt“, sagte Nadal. „Ich weiß, wie sehr er darum kämpft, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. Ich bin mir sicher, er wird nicht nur eines, sondern mehrere gewinnen“, sagte der Spanier über Zverev. Dennoch: „Wieder im Finale von Paris zu sein, ist ein Traum. Aber im Moment ist es schwer, Worte zu finden, wenn ich ihn eben noch in der Kabine habe weinen sehen.“
Zverev hatte Nadal zuvor einen Mega-Fight geboten und den Sandplatz-König von Paris immer wieder arg in Bedrängnis gebracht. Allerdings konnte die deutsche Nummer 1 viele Chancen nicht nutzen.
Von Beginn an herrschte im Stade Roland Garros eine elektrisierende Stimmung. Schon beim Einmarsch auf den Court Philippe Chatrier wurde Nadal mit Ovationen empfangen. Die Zuschauer erhoben sich von den Plätzen und applaudierten – so als ob sie den spanischen Ausnahmekönner zum letzten Mal live bewundern könnten. Zu Ehren seines Geburtstages stimmte das Publikum dann sogar ein Ständchen an.
Es war alles angerichtet für die nächste Nadal-Show auf dem roten Sand. Doch Zverev ließ sich davon zunächst nicht beeindrucken. Die deutsche Nummer 1 spielte von Beginn an aggressiv und überraschte Nadal mit unerreichbaren Schlägen. Gleich zum Auftakt nahm er dem Spanier den Aufschlag ab. Es ging ein Raunen durch die Arena. Aufmunternde „Rafa, Rafa“-Rufe zu so einem frühen Zeitpunkt hatte es in Paris wohl noch nie gegeben. Sieben Spiele lang spielte Zverev danach das beste Tennis, das er bislang je bei einem Grand-Slam-Turnier gespielt hatte. Doch dann kam es plötzlich zu einem Bruch im Spiel des Deutschen. Nadal, seit Wochen mit chronischen Fußbeschwerden spielend, war weiter weit von seiner Topform entfernt, doch Zverev unterliefen auf einmal viele leichte Fehler. So ließ er Nadal zurück ins Spiel, zum 4:4 schaffte der Spanier das Break zum Ausgleich.
Danach wogte die Partie hin und her. Zverev wehrte beim Stand von 4:5 drei Satzbälle Nadals ab. Auch im Tiebreak hielt Zverev dagegen, wehrte zwei weitere Satzbälle von Nadal ab, um den ersten Durchgang nach 1:31 Stunden dann doch zu verlieren. Im zweiten Satz ging das Hin und Her weiter. Beim Stand von 5:3 schlug Zverev zum Satzgewinn auf, leistete sich aber drei Doppelfehler. Die Entscheidung schien so erneut im Tiebreak zu fallen, doch dann passierte das Drama und Zverev gab auf.