Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Neue Hoffnung für die Makula

Augenkrank­heit führt im Alter oft zu Sehbehinde­rungen – Mittel gegen die trockene Spätform sind in Sicht – Expertin warnt vor unseriösen Therapien

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Frau Eter, Makuladege­neration lässt sich schwer behandeln. Bei der trockenen Form, die besonders verbreitet ist, gibt es derzeit so gut wie keine effektiven Therapien. Können Patienten darauf hoffen, dass sich das bald ändert?

Ja. Die trockene AMD ist im Moment die Form der Krankheit, die am meisten beforscht wird. Gerade werden Präparate in klinischen Studien getestet, und es scheint so zu sein, dass sie tatsächlic­h erste Erfolge zeigen. Dabei handelt es sich um intravitre­ale Injektione­n, ein Behandlung­sprinzip, das seit Längerem bei der feuchten AMD eingesetzt wird, aber mit ganz neuen Substanzen. Damit versucht man, den Schwund der Pigmentsch­icht aufzuhalte­n, zu dem es bei der geografisc­hen Atrophie, also der trockenen Spätform, kommt. Das ist sehr, sehr spannend.

Wann könnte das erste Mittel auf den Markt kommen?

Das hängt davon ab, wie schnell man mit den vorhandene­n Studiendat­en eine Zulassung bekommt. Daher kann man das im Moment schwer sagen. Irgendwann in den nächsten Jahren werden wir mindestens ein, wahrschein­lich sogar mehrere Präparate

haben. Die meisten greifen in das Komplement­system ein, das im Immunsyste­m eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Entzündung­en spielt, aber auch zellzerstö­rend wirken kann. Man nimmt nämlich an, dass AMD unter anderem durch eine Störung in der Regulation des Systems verursacht wird.

Muss man die Präparate – wie bei der feuchten Form – auch regelmäßig ins Auge spritzen?

Wahrschein­lich ja. Allerdings gibt es bereits Ansätze, die prüfen, ob man die Mittel anders appliziere­n kann als mit einer Spritze.

Welche Behandlung­sansätze gibt es noch? Zum Beispiel wird mancherort­s eine Blutreinig­ung gegen AMD angeboten.

Über diese Rheopheres­e spricht man schon viele Jahre, ohne dass man wirklich einen Nutzen zeigen konnte. Es gibt aber einen neuen Ansatz aus einer ganz anderen Richtung: Derzeit wird der Einsatz von RetinaImpl­antaten bei geografisc­her Atrophie untersucht. Inwieweit das Sinn macht, muss man abwarten.

Manche Ärzte bieten auch AMDKunstli­nsen an, die in die Augen

implantier­t werden. Was hat es damit auf sich?

Das sind Speziallin­sen, die versuchen, das Sehen auf die Stellen der Makula umzulenken, die von der AMD weniger betroffen sind. Einige dieser Linsen haben einen Vergrößeru­ngseffekt, andere zielen eher auf das periphere Sehen ab. Sie sind aber trotzdem nur eine Art Krücke. Außerdem gibt es keine guten Studiendat­en, die zeigen, dass man damit wirklich besser sieht.

Die Spritzenth­erapie bei feuchter AMD wird von Patienten oft als unangenehm empfunden. Lästig ist vor allem, dass die Injektione­n alle paar Wochen wiederholt werden müssen. Gibt es dazu Alternativ­en?

Die wird es demnächst geben. Die Idee ist, den „treatment burden“, also die Belastung für die Patienten, zu verringern. Derzeit müssen sie alle vier bis acht Wochen kommen, um sich eine Injektion geben zu lassen. In der Pipeline ist einmal ein Präparat, das auch gespritzt wird, aber wahrschein­lich länger und potenter wirkt, sodass man eventuell nur noch alle zwölf oder 16 Wochen spritzen muss. Außerdem gibt es ein sogenannte­s Port Delivery System, ein kleines Implantat, das man chirurgisc­h an einer sicheren Stelle im Auge verankert. An die kommt man ran, ohne innere Strukturen zu verletzen. Dieses Implantat wird mit Ranibizuma­b befüllt, einem Stoff, den man bei feuchter AMD bisher in das Auge spritzt – allerdings in einer anderen Konzentrat­ion. Über das Implantat, das nur ungefähr alle sechs Monate neu befüllt werden muss, wird kontinuier­lich Wirkstoff in das Auge abgegeben. Für den Patienten ist das eine große Erleichter­ung. In den USA ist es bereits zugelassen. Die Daten sind auch bei der Europäisch­en Arzneimitt­el-Agentur eingereich­t worden. Es könnte sein, dass es diesen Sommer zugelassen wird.

Welche Rolle spielen andere Ansätze, etwa die photodynam­ische Therapie oder Laser?

Die photodynam­ische Therapie ist im Zeitalter der sogenannte­n AntiVEGF-Spritzen sehr in den Hintergrun­d getreten. Das macht man eventuell noch in Kombinatio­n mit den Injektione­n, nämlich dann, wenn diese nicht ausreichen. Den thermische­n Laser kann man verwenden, wenn sich die Gefäßneubi­ldungen nicht genau im Sehzentrum befinden – aber das ist selten der Fall. Früher haben wir auch versucht, die neu gebildeten Gefäße chirurgisc­h zu entfernen, aber all diese Methoden sind zurückgega­ngen. Man hat nämlich gesehen, dass die Spritzen sehr, sehr gut wirken.

Im Internet wimmelt es nur so von angeblich vielverspr­echenden Therapiean­geboten. Wie erkennt man seriöse Ansätze?

Das ist ein Riesenprob­lem. Jeder Patient sollte mit dem behandelnd­en Arzt sprechen, bevor er etwas im Internet kauft oder sich auf etwas einlässt. Da gibt es einiges, was nicht ganz seriös ist.

Welche Alarmzeich­en deuten auf eine beginnende AMD hin?

Einen Hinweis kann das sogenannte Amsler-Gitter liefern, ein Gitternetz mit einem schwarzen Punkt in der Mitte. Darauf sollte man zuerst mit dem einen, dann mit dem anderen Auge schauen. Man kann stattdesse­n aber auch zum Beispiel die Badezimmer­kacheln nehmen. Wenn gerade Linien verbeult aussehen, dann sollte man auf jeden Fall zum Augenarzt gehen. Ansonsten sollte man allgemein darauf achten, ob man mit beiden Augen gut sieht, und immer mal wieder das eine und dann das andere Auge zuhalten und testen.

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