Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Stadt sollte mehr mit dem Charme der 50er-Jahre spielen“
Stadtforum lobt Pläne für Adenauerplatz und Friedrichstraße und setzt auf ein Innenstadtbündnis
FRIEDRICHSHAFEN - Dauerbrenner Innenstadt: Immer wieder hat das Stadtforum, das sich auch die Interessen der Einzelhändler auf die Fahnen schreibt, mehr Attraktivität für die Friedrichshafener City gefordert. Im Gespräch mit Martin Hennings bewerten die beiden Vorsitzenden Sieglinde Ege und Martin Ruf die jüngsten Beschlüsse des Rates – und fordern auch die Händler zum Handeln auf. Erneut bringen sie die Idee eines Innenstadtbündnisses vor, das es andernorts schon länger gibt.
Bald Bäume auf dem Adenauerplatz und Podeste in der Friedrichstraße – Sie müssen zufrieden sein. Martin Ruf: Jein. Wir sind zufrieden, dass es losgeht. Es ist wichtig, dass die Menschen sehen: Es passiert was. Aus unserer Sicht kann das aber nur der Anfang sein. Es gibt noch viele Baustellen: Romanshorner Platz, Buchhornplatz, Zollareal, die Markthalle in der Nordstadt ...
Sind sie denn mit den Lösungen für Adenauerplatz und Friedrichstraße zufrieden?
Ruf: Die Planungen für den Adenauerplatz sind ein guter Kompromiss, der dem Mikroklima nutzen und den Platz beleben wird. Für uns vom Stadtforum war immer wichtig, dass die Märkte in ihrer jetzigen Form erhalten bleiben.
Sieglinde Ege: Dass es in der Friedrichstraße losgeht, ist klasse. Es sollte halt kein ewiges Provisorium werden.
Glauben Sie, dass das klappt?
Ruf: Ich hoffe. Die jetzigen Planungen sind ein erster Schritt zur Beruhigung der Straße. Nordstadt und Innenstadt rücken näher zusammen.
Was muss als Nächstes passieren?
Ege: Das Zollareal und die Schanzstraße sind die Verbindung von der Friedrichstraße zum See. Zollareal und Adenauerplatz gehören zusammen, da muss es weitergehen.
Ruf: Das Zollareal bietet eine große Chance zur Belebung zum Beispiel durch eine Markthalle und Gastronomie mit Außenbewirtung.
Ege: Der Masterplan darf dabei nicht aus den Augen verloren werden.
Gibt’s den Plan denn?
Ege: Na klar, die Überlegungen des Berliner Büros K1. Es ist in unserem Sinne, wenn sie umgesetzt werden. Ruf: Friedrichshafen ist nicht vergleichbar mit einer Fachwerkstadt wie Ravensburg. Ich denke aber, dass wir durchaus noch mehr mit dem Charme der 50er-Jahre spielen könnten. Ege: Es gibt tolle, durchaus attraktive Ensembles aus dieser Zeit. Friedrichshafen kann eine moderne und elegante Stadt sein.
Seit vergangenem Jahr leitet Bürgermeister Fabian Müller das Baudezernat. Sind Sie mit Blick auf die Innenstadt zufrieden mit dem Neuen?
Ruf: Ich habe ein gutes Gefühl. Herr Müller ist offen und pragmatisch, aber er steht auch vor großen Herausforderungen.
Ege: Er hat Stilempfinden und klare Vorstellungen. Er sagt aber auch: Es geht jetzt vor allem ums Umsetzen. Da hat er recht.
Ruf: Man hat viele große Projekte angestoßen, die dann versandet sind. Die Projekte jetzt Schritt für Schritt angehen, ist der richtige Weg, ohne den Gesamtplan aus den Augen zu verlieren, gerade in schwierigen Zeiten.
Nun tut die Stadt ja was. Müssen
dann nicht auch Händler und Hausbesitzer nachlegen?
Ege: Ich denke und hoffe, dass sich der Handel noch mehr einbringt, wenn er sieht, dass etwas passiert. Die Menschen kommen nicht mehr nur zum Einkaufen in die Stadt. Sie wollen auch was erleben. An der Stelle können wir uns von Ravensburg durchaus eine Scheibe abschneiden.
Wir haben ehrlich gesagt nicht immer den Eindruck, dass hier alle am gleichen Strang in die gleiche Richtung ziehen.
Ege: Was wir brauchen, das ist ein Innenstadtbündnis. Alle an einem Tisch, Verwaltung, Gemeinderat, Händler, Gastronomie, Hausbesitzer. Wir können nicht nur auf den See und auf die Touristen setzen. Das wird nach Corona noch weniger funktionieren.
Ruf: Die Stadt geht nun mit ihren Projekten wie dem Adenauerplatz voran, aber auch Hausbesitzer und Gewerbetreibende müssen ihren Teil leisten.
Die Folgen der Pandemie sind in der Häfler Innenstadt nicht so offenkundig wie befürchtet.
Ruf: Wir haben nach wie vor eine Leerstandsquote von um die fünf Prozent. Das ist gut. Es steht aber zu befürchten, dass einigen noch die Luft ausgehen wird. Corona hat den Trend zum Onlinehandel klar verstärkt.
Ege: Wichtig ist der Qualitätsanspruch beim Leerstandsmanagement.