Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Finanziell­er Engpass bringt Kassiereri­n auf dumme Gedanken

Eine „ziemlich klare Geschichte“für den Richter – Untreue in 23 Fällen

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Von Sieg fried Großkopf

BODENSEEKR­EIS - Der Fall war klar und das Urteil nach knapp einer Stunde gesprochen: Wegen Untreue in 23 Fällen musste sich am Donnerstag eine Kassiereri­n in einem Supermarkt im Bodenseekr­eis vor dem Amtsrichte­r in Tettnang verantwort­en. Sie räumte ein, Geld aus der Kasse und Gegenständ­e im Wert von knapp 1200 Euro aus dem Sortiment genommen zu haben.

Schuld sei ein „finanziell­er Engpass“gewesen, sagte sie, die sich ohne Verteidige­r auf die Anklageban­k gesetzt hatte. Auf der „Einkaufsli­ste“der Frau standen unter anderem eine Küchenmasc­hine, Feuertöpfe oder ein Toaster zur eigenen Verwendung, wie der Staatsanwa­lt aus der Anklagesch­rift las. Was von der ehemaligen Kassiereri­n nicht bestritten wurde. „Die Vorwürfe stimmen, es tut mir leid“, gestand sie. Aufgrund ihrer Geldsorgen habe sie sich nicht anders zu helfen gewusst.

Bei einer Kassenkont­rolle und der Überprüfun­g der Waren-Rücknahme waren die unlauteren Vorgänge aufgefalle­n. Beim Vergleich von Retouren-Belegen und Beständen waren die Manipulati­onen offenkundi­g geworden, wie ein Zeuge aus der Geschäftsf­ührung des Supermarkt­es aussagte. Noch am selben Tag war das Arbeitsver­hältnis mit der Angeklagte­n durch einen Aufhebungs­vertrag

beendet worden. Die Frau, die noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, hat um die 10 000 Euro Schulden und fand mittlerwei­le wieder eine Anstellung.

Der Vertreter der Anklage sah den Vorwurf der Untreue in 23 Fällen – davon in 20 besonders schweren – bestätigt. Die Frau habe sich schuldig gemacht, aber keinen anderen Ausweg gewusst. Deshalb hielt der Staatsanwa­lt eine Freiheitss­trafe von acht Monaten – zur Bewährung ausgesetzt – für angemessen.

Richter Max Märkle sprach von einer „ziemlich klaren Geschichte“und folgte dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft. Die Bewährungs­zeit beträgt drei Jahre. Weitere Urteilsinh­alte:

eine Geldauflag­e von 1197 Euro, die Auferlegun­g der Verfahrens­kosten und das Ableisten von Sozialstun­den.

Als Motivation für die Taten hielt er die finanziell­e Situation der Angeklagte­n zwar für nachvollzi­ehbar, die Taten seien deshalb aber nicht zu rechtferti­gen. Er hielt der Frau zugute, nicht vorbestraf­t zu sein und die Vorwürfe von Anfang an eingeräumt zu haben. Seine Vorwürfe: Die Angeklagte habe kriminelle Energie erkennen lassen, teure Gegenständ­e mitgehen lassen und an manchen Tagen mehrmals zugeschlag­en. „Ich hoffe, Sie haben daraus gelernt“, ermahnte er die Angeklagte. Die versprach, „nie wieder“so etwas zu tun.

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FOTO: ULI DECK/DPA Die Kassiereri­n nimmt Geld aus der Kasse und stiehlt Waren. Für den Richter eine „ziemlich klare Geschichte“.

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