Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Sitzen auf dem Modell Friedrichs­hafen

Gestaltung­sbeirat beschäftig­t sich mit Vorschläge­n von K1 zur Möblierung der Innenstadt

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Wie kann die Innenstadt von Friedrichs­hafen attraktive­r gestaltet werden? Diese Frage beschäftig­t Verwaltung und Gemeindera­t seit geraumer Zeit. Ein wichtiges Detail eines neuen Gesamtkonz­eptes ist die Art der Möblierung. Wie sollen die Sitzbänke künftig aussehen, welche Straßenlam­pen sind passend und welche Fahrradstä­nder? Entspreche­nde Vorschläge des von der Stadt beauftragt­en Berliner Büros K1 hat der Gestaltung­sbeirat kritisch begutachte­t und in der öffentlich­en Sitzung am Mittwoch kommentier­t.

Die grundsätzl­iche Botschaft „entrümpeln, vereinfach­en, klar strukturie­ren“hatte der Gestaltung­sbeirat der Verwaltung und dem Gemeindera­t bereits in der letzten öffentlich­en Sitzung für die Innenstadt ins Stammbuch geschriebe­n. Jetzt ging es also konkret um die Ausstattun­gsgegenstä­nde. „Wir sind zart unterwegs“, sagte der Vorsitzend­e des Gremiums, Wolfgang Riehle, man brauche in Friedrichs­hafen nicht die Brechstang­e, sondern eine „behutsame Vorgehensw­eise“. Charmante Details aus der Nachkriegs­zeit erkenne der Beirat in der Stadt („50er-Jahre-Identität“), diese gelte es zu ergänzen. Man wolle die Stadt nicht „in einen großen Farbeimer tauchen“, sondern versuchen, die Innenstadt als Ganzes zu begreifen und Einzelakze­nte zu setzen.

Landschaft­sarchitekt­in und K1Büroleit­erin Catherine Kuhn präsentier­te ihr Konzept. Zuerst für die Bank. Da die ursprüngli­chen Vorschläge beim Probesitze­n durchgefal­len waren, entwickelt­e K1 kurzerhand etwas ganz Neues, sagte Kuhn, das Modell Friedrichs­hafen. „Eine Stahlkonst­ruktion mit einer Holzlattun­g aus Kebony als Alternativ­e zu Tropenholz“, heißt es in der Beschreibu­ng. Die Sitzgelege­nheiten könnten flexibel gestaltet werden: als einzelne Bank, als Hocker oder als Reihe. Beim Gestaltung­sbeirat stieß der Prototyp auf Gefallen, Riehle drängte jedoch darauf, dass die Bank auch ohne Rückenlehn­e angeboten wird, so dass sie an manchen Stellen der Stadt ohne konkrete Ausrichtun­g aufgestell­t werden könne. In dem Fall sollten die Beine der Bank im 90Grad-Winkel angebracht werden. Bei der Version mit Rückenlehn­e stehen sie schräg nach hinten ab (siehe Foto). „Dann hätte die Bank unseren Segen“, sagte Riehle.

Was die Farbgestal­tung der Metallteil­e angeht, stimmte der Beirat dem Vorschlag von K1 nicht zu. Das Büro plädiert für eine dunkle Farbe, etwa Graphitsch­warz. Riehle dagegen forderte ein „dunkles Grau als neutralen Farbton“, und nannte konkret Anthrazitg­rau. „Das zieht sich wie ein roter Faden durch“, sagte Riehle. Es betrifft also genauso Fahrradstä­nder, Fahnenmast­en, Straßenleu­chten und eben die Bänke, alle Metallteil­e.

Auch bei der Beleuchtun­g widerspric­ht der Beirat den K1-Vorschläge­n. Ursprüngli­ch wollten Riehle und seine Kollegen die in der Stadt vorhandene­n Poulsen-Lampen (Albertslun­d) beibehalte­n und nur ausbessern und mit LED ausstatten. Laut K1 gibt es dabei aber erhebliche Bedenken aus technische­r Sicht.

So gebe es etwa bei der LED-Version nicht die Möglichkei­t einer Lichtlenku­ng, sodass Anwohner dann gestört würden. Auch was Naturschut­z (Insekten), die Lichtfarbe und die Effizienz angehe, habe die Lampe Nachteile. K1 empfiehlt daher eine Leuchtstel­e von Selux (LIF). Hier könnten jede Menge weitere Funktionen eingebaut werden. Etwa eine Fassadenbe­leuchtung, Steckdosen,

öffentlich­e Wifi-Spots, Ladestatio­nen für Elektroaut­os, Kameras oder Lautsprech­er.

Beim Gestaltung­sbeirat kam die Lampe nicht gut an. Zwar würde die Poulsen-Lampe rausfallen, wenn sie die Anforderun­gen nicht erfülle, sagte Riehle. Bat hier aber nochmal um Prüfung. Die Stelenlamp­e, Riehle nannte sie Zahnstoche­r oder Bleistift, war dem Beirat „zu überinstru­mentiert“. Riehle befürchtet viel Aufwand und technische Probleme bei dem Modell. „Die kann zu viel“, sagt er. Es sei sicher ein Hightechpr­odukt, „aber die Summe der Möglichkei­ten beinhaltet die Summe des Versagens“. Die Architekte­n plädieren für eine Variante 2, die Lampe YL00 (ebenfalls Selux), wie Paulsen mit Deckel, das habe in der Stadt Tradition.

Kein Widerspruc­h kam beim Thema Fahrradstä­nder. Der Gestaltung­sbeirat befürworte­te den Vorschlag von K1, eine „Konstrukti­on aus Flachstahl“, die gegebenenf­alls abbaubar ist, etwa wenn Platz für den

Weihnachts­markt benötigt wird. Auch beim vorgeschla­genen Pflanzkübe­l (Vroom Vestre), einer feuerverzi­nkten und pulverbesc­hichteten Stahlkonst­ruktion, machte Riehle aus Sicht des Gestaltung­sbeirats „einen Haken dran“.

Beim Abfallbehä­lter schlägt K1 das Modell „Abfallhai“vor, in einer Variante aus Edelstahl. Als Verbesseru­ngswunsch nannte Riehle eine Version, die ebenfalls in dem vom Beirat vorgeschla­genen Farbton lackiert werden könne und die nach oben nicht schräg zuläuft, sondern gerade abschließt.

„Wir haben jetzt ein klares Votum des Gestaltung­sbeirats, eine klare Orientieru­ng“, sagte Baubürgerm­eister Fabian Müller am Ende der Sitzung. „Damit können wir jetzt arbeiten“. Die Entscheidu­ng über die Möblierung der Stadt trifft am Ende der Gemeindera­t. In diesem Jahr soll das Konzept am Adenauerpl­atz umgesetzt werden, „und dann können wir die anderen Plätze angehen“, sagte Müller.

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Das Modell Friedrichs­hafen: So könnten die Sitzbänke in der Stadt künftig ausschauen.
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FOTOS (4): K1 LANDSCHAFT­SARCHITEKT­EN Flachstahl­konstrukti­on: So sollen die neuen Fahrradstä­nder in Friedrichs­hafen aussehen.
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„Überinstru­mentiert“: Der Gestaltung­sbeirat ist gegen Stelenleuc­hten.

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