Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Preise für Lebensmittel steigen weiter
Bauernpräsident dringt auf Mehrproduktion – Inflationsrate klettert auf fast acht Prozent
LÜBECK/WIESBADEN (dpa) - Der Deutsche Bauernverband klagt zum Auftakt des Bauerntags in Lübeck über massiv gestiegene Kosten für landwirtschaftliche Höfe und rechnet deshalb mit weiteren Preissteigerungen bei Lebensmitteln. „Dünger kostet das Vierfache, Futter kostet das Doppelte, Diesel ist fast nicht mehr bezahlbar“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied am Dienstag. Auch Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) geht von weiteren Erhöhungen im Herbst und Winter aus, „weil sich der Handel jetzt mit teurer Energie versorgen muss und die
Preissteigerungen an die Kunden weitergereicht werden“, sagte er.
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs erneuerte der Bauernverband seine Forderung nach einer Produktionsausweitung auch in Deutschland. Russland setze Lebensmittel als Waffe ein, sagte Rukwied. „Dieses Schwert muss stumpfer werden, und wir können es stumpfer machen.“Der Bauernpräsident warb für eine vorübergehende Nutzung zusätzlicher Flächen, womit 1,4 Millionen Tonnen Weizen mehr erzeugt werden könnten – bei einer deutschen Erntemenge von insgesamt mehr als 40 Millionen Tonnen Getreide. Jede zusätzliche Tonne schwäche Russland, argumentierte er. Er erwarte von der Politik, dass sie das Instrument nutze.
Özdemir hat unter anderem schon ermöglicht, dass ausnahmsweise Gras und Pflanzen von „ökologischen Vorrangflächen“als Futter genutzt werden dürfen. Er wendet sich aber gegen weitergehende Rufe auch aus den Ländern, auf Brachflächen etwa wieder Getreide anzubauen. Angesichts ausfallender Exporte aus der Ukraine wegen des Krieges wird in einigen Staaten, etwa in Afrika
und Asien, mit einer knappen Versorgung gerechnet.
Die Preissteigerung für Lebensmittel und höhere Kosten für Energie haben die Inflationsrate in Deutschland auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren getrieben. Im Mai lagen die Verbraucherpreise um 7,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahrs, wie das Statistische Bundesamt jetzt bestätigte. Damit verharrte die Inflationsrate in Europas größter Volkswirtschaft im dritten Monat in Folge über der Marke von sieben Prozent. Von April auf Mai 2022 zogen die Preise um 0,9 Prozent an.