Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Warum Corona dieses Jahr keine Sommerpause macht
Sieben-Tage-Inzidenz im Bodenseekreis steigt seit Juni wieder an – Gesundheitsamt vermutet hohe Dunkelziffer
FRIEDRICHSHAFEN - Wieder ein Sommer ohne Corona – das haben sich alle gewünscht. Aber der Blick auf die Infektionszahlen zeigt ein anderes Bild. Im Gegensatz zu den ersten beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 gehen die Fälle im Juni dieses Jahres nicht weiter zurück. Im Gegenteil, auch im Bodenseekreis zeigt die Kurve der Sieben-Tage-Inzidenz aktuell wieder steil nach oben.
206 neue Fälle meldete das Landesgesundheitsamt in Stuttgart (LGA) für den Bodenseekreis am Montag. Die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner lag damit bei 314,8. Nach dem Höhepunkt der Omikron-Welle im Februar und März, als die Sieben-Tage-Inzidenz teilweise über 2000 lag, sank der Wert bis zum 30. Mai zwischenzeitlich auf 118,9 ab. Am Dienstag kamen laut LGA 130 neue Fälle dazu.
Für das Gesundheitsamt kommt die Entwicklung jetzt nicht überraschend. „Die höhere Übertragbarkeit der vorherrschenden Virusvarianten führt in Verbindung mit der weitgehenden Aufhebung der Kontrollund Schutzmaßnahmen im Alltag naturgemäß zu höheren Durchschnittsinzidenzen im Vergleich zu den beiden Vorjahren“, sagt Robert Schwarz, der Pressesprecher des Bodenseekreises.
Das sei nicht unerwartet. „Ein Absinken der Inzidenzen auf das Niveau der Vorjahre war daher nicht zu erwarten.“
Außerdem geht man beim Kreis von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus als noch zu Jahresbeginn, was die Infektionszahlen betrifft, weil aktuell viel weniger getstet wird. „Die Testdichte ist im Querschnitt der Bevölkerung nun wieder deutlich geringer“, sagt Schwarz. Beziffern können man diesen dunklen Fleck naturgemäß nicht. Die aktuelle Entwicklung zeige vor allem, dass Corona nun nicht einfach bis auf Null runtergehe, „sondern es nach wie vor ein Infektions- und Erkrankungsrisiko gibt, dessen man sich im Alltag bewusst sein sollte“, so Schwarz weiter. Auf- und Abwärtsbewegungen habe es in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren immer wieder gegeben. Ob das der Beginn einer neuen Welle sei, lasse sich noch nicht absehen. Ob die neuen Fälle auf die Omikron-Variante BA.5 zurückgehen, ist unklar. „Da wir standardmäßig keine Sequenzieurung von den Laboren bekommen, können wir hierzu keine Aussage treffen“, so Schwarz. Entscheidend für die Bewertung der Lage sei weniger die Zahl der Befunde, sondern die Schwere der Verläufe. Auch hier sei die Entwicklung nicht absehbar. Die Zahl der Corona-Patienten in den Kliniken im Bodenseekreis sei in den zurückliegenden Wochen erfreulicherweise niedrig und stabil. Besonders erfreulich sei, dass es seit Mitte Mai keine registrierten Intensivbehandlungen, vor allem Beatmungen, mehr gab. Schwarz gibt aber zu bedenken, dass die HospitalisierungsZahl den Neuinfektionen immer zwei, drei Wochen hinterherläuft.
In den Kliniken des MedizinCampus Bodensee (MCB) wurden am Montag dreizehn Covid-Patienten in Friedrichshafen und einer in Tettnang behandelt. Keiner davon intensivmedizinisch. „In der Summe bedeutet das eine Verdopplung der stationär zu versorgenden Patienten zur Vorwoche“, sagt MCB-Sprecherin Susann Ganzert. Man habe die Situation im Blick und könne kurzfristig darauf reagieren, wenn die Zahl der Covid-Patienten weiter steigt.