Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kritik an „gesetzlich verordnete­m Frieren“

SPD-Ministerin erteilt Vorstößen zur Absenkung von Mindesttem­peraturen Absage

-

Von Katja Korf und Agenturen

RAVENSBURG/BERLIN - Die erneute Drosselung russischer Gaslieferu­ngen hat in Deutschlan­d eine Debatte über Möglichkei­ten zum Energiespa­ren ausgelöst. Bauministe­rin Klara Geywitz sprach sich gegen niedrigere Mindesttem­peraturen für Wohnungen aus. „Gesetzlich verordnete­s Frieren halte ich für unsinnig“, sagte die SPD-Politikeri­n am Freitag.

Wirtschaft­sminister Robert Habeck hatte zuvor als Konsequenz aus gesenkten Gaslieferu­ngen durch Russland auch gesetzlich­e Maßnahmen nicht ausgeschlo­ssen. „Wenn die Speicherme­ngen nicht zunehmen, dann werden wir weitere Maßnahmen zur Einsparung, zur Not auch gesetzlich, vornehmen müssen“, sagte der Grünen-Politiker. Auf die Frage, ob das auch die Herabsetzu­ng der vorgeschri­ebenen Mindesttem­peratur in Wohnungen sein könne, antwortete er: „Wir werden uns alle Gesetze, die dort einen Beitrag leisten, anschauen.“

Der russische Staatskonz­ern Gazprom hat seine Gaslieferu­ngen nach Deutschlan­d durch die Ostseepipe­line Nord Stream deutlich verringert. Damit in großem Umfang gespart werden kann, hatte der Präsident der Bundesnetz­agentur, Klaus Müller, auch die Absenkung von Vorgaben zum Heizen vorgeschla­gen. Vermieter sollten die Heizungsan­lage während der Heizperiod­e nicht mehr auf mindestens 20 bis 22 Grad hochstelle­n müssen, sondern die Vorgaben könnten zeitweise sinken. Der Bundesverb­and

deutscher Wohnungsun­d Immobilien­unternehme­n (GdW) hatte sogar eine Absenkung um bis zu sechs Grad ins Spiel gebracht. Daran entzündete sich am Freitag heftige Kritik. „Es darf nicht so weit kommen, dass Menschen im Winter in ihren Wohnungen frieren müssen“, sagte Verena Bentele, Präsidenti­n des Sozialverb­ands VdK.

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd forderte Änderungen der rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen, um die Temperatur­en in kommunalen Gebäuden senken zu können. Das Absenken von Mindesttem­peraturen etwa in Schwimmbäd­ern und vieles mehr werde in Baden-Württember­g vielerorts bereits praktizier­t, sagte die Hauptgesch­äftsführer­in des baden-württember­gischen Städtetags, Gudrun Heute-Bluhm, der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Solche Maßnahmen sind ein wichtiger Baustein. Man kann das natürlich nicht für alle Bereiche gleich regeln, Schulen für Menschen mit Behinderun­gen oder Krankenhäu­ser zum Beispiel sind sicher Sonderfäll­e.“Ein anderes Thema bereite den Kommunen aber erheblich mehr Probleme. „Der Bund muss gesetzlich­e, aber auch technische Lösungen anbieten, um die Frage der Verteilung von Gas zu lösen, sollte es zu weiteren Drosselung­en kommen“, sagte Heute-Bluhm. Es sei noch unklar, welche wichtigen Betriebe und Einrichtun­gen im Fall von Gasmangel vorrangig beliefert werden müssten und ob das überhaupt technisch umsetzbar sei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany