Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Münsteraner Bischof räumt Fehler ein
Einen Rücktritt lehnt Felix Genn nach Missbrauchsgutachten aber ab
MÜNSTER (epd) - Nach Veröffentlichung einer Studie über sexuellen Missbrauch im Bistum Münster hat Bischof Felix Genn (Foto: dpa) Konsequenzen sowie Reformen angekündigt und Fehler eingeräumt, will aber im Amt bleiben.
„Insbesondere war ich in den Anfangsjahren als Bischof von Münster bei manchen Auflagen, die ich Beschuldigten gemacht habe, zu milde und habe nicht hart genug durchgegriffen“, sagte Genn am Freitag. In einzelnen Fällen seien die Auflagen zudem nicht hinreichend kontrolliert worden. Auch habe er Pfarreien nicht rechtzeitig oder hinreichend über Missbrauchstäter informiert, die bei ihnen als Priester eingesetzt worden seien.
Einen Rücktritt schloss Genn aus. Er glaube nicht, dass er sexuellen Missbrauch vertuscht und die Interessen der Institution über die Sorge der Betroffenen gestellt habe. Als nach außen hin sichtbares Zeichen der Veränderung wurde schon der Zugang zur Bischofsgruft im St.-Paulus-Dom gesperrt. Dort liegen drei
Amtsvorgänger Genns begraben. „Meine verstorbenen Amtsvorgänger Reinhard Lettmann, Heinrich Tenhumberg und Michael Keller haben im Umgang mit sexuellem Missbrauch schwere Fehler gemacht“, sagte Genn.
Genn kündigte für sein Bistum auch strukturelle Konsequenzen an. „Ich möchte Macht abgeben und zugleich meine Rolle schärfen“, sagte er.
Er versprach zudem, dass Personalentscheidungen im Bistum Münster in Zukunft transparenter, nachvollziehbarer und partizipativer getroffen würden. Außerdem solle die Einhaltung der Auflagen, die Beschuldigten oder Tätern gemacht wurden, konsequenter kontrolliert werden.
Ein unabhängiges Gutachten von Wissenschaftlern der Uni Münster hatte am Montag mindestens 610 Missbrauchsopfer im Bistum Münster zwischen 1945 und 2020 offenbart. Die Studie geht von etwa 196 beschuldigten Klerikern aus. Die Dunkelziffer liege wahrscheinlich bis zu fünfmal höher, hieß es.