Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein Kraftwerkchen für den eigenen Balkon
Kleine Solaranlagen für Balkon und Hauswände lassen sich einfach an die Steckdose hängen
Stecker rein und schon fließt der Strom: So einfach lassen sich Solarstromanlagen für Balkone, die Gartenhütte, das Carport und Haus- und Garagenwände bedienen. Solche kompakte Photovoltaikanlagen mit Stecker für gewöhnliche Steckdosen sind nicht nur für Hausbesitzer der erste Schritt zur eigenen Stromproduktion, sondern auch für Mieter.
„Der Reiz dieser Geräte besteht darin, dass sie unkompliziert von Laien einzurichten und zu betreiben sind“, sagt Martin Brandis, Energieberater des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Dafür reichen in der Regel die mitgelieferten Beschreibungen der Hersteller, die Unterstützung durch einen Fachbetrieb ist meist nicht erforderlich.
Wesentliches Element dieser Solaranlagen von der Stange sind ein oder zwei Paneele, die gemeinsam eine Leistung von höchsten 600 Watt erzeugen. Durch Sonneneinstrahlung wird Gleichstrom erzeugt, der in dem Gerät dann zu Netzstrom umgewandelt wird. Und der geht über einen gewöhnlichen Schuko-Stecker in das häusliche Stromnetz über.
Zur Sicherheit sollte man beim Kauf aber darauf achten, dass das gewählte Modell auch tatsächlich an übliche Haussteckdosen angeschlossen werden kann. Sonst droht eine Überlastung und im schlimmsten Fall ein Brand. Es gibt auch Modelle, die eine spezielle Energiesteckdose vorsehen. Der große Vorteil: Über die Steckdosen sind die Paneele nicht nur schnell installierbar, sie sind auch schnell wieder abzubauen und man kann sie mitnehmen. Und daher eignen sie sich genauso für Mieter wie für Haus- und Wohnungseigentümer.
Sie sollten vor dem Aufbau den Hauseigentümer nach seiner Zustimmung fragen, empfiehlt Juristin Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Denn dieser trägt die Verantwortung, dass seine Immobilie diese Anlage sicher trägt und Nachbarn nicht durch Blendung oder Verschattung beeinträchtigt werden.
Die Anlagen brauchen eine Fläche auf oder am Gebäude, etwa an einem Balkon. „Um die dort einfallende Sonneneinstrahlung optimal zu nutzen, sollten die Paneele nach Süden ausgerichtet werden“, rät Energie-Experte Brandis. Für eine maximale Stromausbeute spielt zudem die Neigung der Solarmodule eine Rolle. „Zwischen 20 und 30 Grad Neigung sind optimal.“Geringfügige Abweichungen von diesen Vorgaben, etwa weil man die Anlagen verrückt, um dem Schatten von benachbarten Gebäuden oder Bäumen auszuweichen, fallen aber nicht groß ins Gewicht. Selbst eine vertikale Montage an der Fassade sei möglich.
„Eine Solarsteckeranlage erzeugt im Schnitt
bis zu 600 Kilowattstunden (kWh) Strom
im Jahr.“
Bernhard Weyres-Borchert von der Deutschen Gesellschaft
für Sonnenenergie (DGS)
Zwischen 400 und 800 Euro kosten die auch als Balkonkraftwerk bezeichneten Geräte, je nach Ausstattung. „Sie werde vorwiegend über Online-Shops vertrieben, in Bauoder Heimwerkermärkten sieht man sie noch eher selten“, berichtet Martin Brandis. Es können extra Kosten entstehen, etwa wenn es keine Schuko-Steckdose in der Nähe gibt oder wenn die ausgesuchten Modelle spezielle Energiesteckdosen erfordern. Wo sie fehlen, müssen sie von einem Fachbetrieb gesetzt und angeschlossen werden.
Zudem erwarten die Netzbetreiber einen Zwei-Richtungs-Stromzähler, damit der Solarstrom, der nicht direkt im Haushalt verbraucht wird, störungsfrei in das allgemeine
Stromnetz weitergeleitet werden kann. Die Anschaffungs- und Einbaukosten dieser Geräte tragen die Netzbetreiber, für die Endverbraucher wird allerdings eine monatliche oder jährliche Miete für den Zähler fällig. Gut zu wissen: Die Anlagen sind weitgehend wartungsfrei und auf eine gut 20-jährige Laufzeit ausgelegt.
„Eine Solarsteckeranlage erzeugt im Schnitt bis zu 600 Kilowattstunden (kWh) Strom im Jahr“, sagt Bernhard Weyres-Borchert von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS). „Dabei ist zu beachten, dass die Ausbeute je nach Standort und örtlichen Gegebenheiten auch deutlich niedriger ausfallen kann.“Bei einem jährlichen Stromverbrauch
von im Schnitt etwa 1200 Kilowattstunden (kWh) pro Person ist das Potenzial also überschaubar. Zudem erzeugt die Anlage den Großteil des Stroms aus Sonnenenergie im Sommer, während der Ertrag im Winter gering bleiben dürfte.
Jedes bisschen Strom aus nachhaltigen Energien tut das. Auch wenn Experten wie Martin Brandis und Bernhard Weyres-Borchert sagen, die große Zeit der Stecker-Solargeräte von der Stange komme erst noch. „Bei der Energiewende spielen diese Konzepte noch keine große Rolle. Bei einer größeren Verbreitung, gerade in dicht besiedelten Ballungsräumen mit vielen Mietwohnungen, könnte ihre Bedeutung aber zunehmen“, so Brandis.