Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Angeklagter: „So etwas darf sich nicht wiederholen“
49-jähriger Häfler vor Gericht - Er soll in Kluftern Bretter auf Gleise gelegt haben
FRIEDRICHSHAFEN (sig) - Hauptanklagepunkt im Prozess gegen einen Mann aus Friedrichshafen ist ein vorsätzlicher und gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr. Der Prozess wurde am Mittwoch vor einer Strafkammer des Landgerichts Ravensburg eröffnet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Ende Februar vergangenen Jahres auf Bahngleise in Kluftern Holzlatten und andere Gegenstände geworfen und dadurch den Lokführer eines mit 50 Personen besetzten Triebwagens zu einer Vollbremsung genötigt zu haben. In anderen Fällen widersetzte sich, verletzte und beleidigte der Mann Polizisten.
Bereits im Januar vergangenen Jahres soll der Angeklagte in der Friedrichshafener Innenstadt auf Straßen für Unruhe gesorgt haben. Als die Polizei eintraf, soll er sich denen gegenüber gewalttätig und beleidigend verhalten haben. Im April vergangenen Jahres rief eine ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten die Polizei um Hilfe. Letztere nahm ihn in Gewahrsam. Auch hier beleidigte der Mann die Beamten und wurde tätig gegen sie.
Nur Tage später, so Oberstaatsanwalt Martin Hengstler bei der Verlesung der Anklageschrift, habe er in einer Einrichtung Mobiliar und Gegenstände für über 900 Euro beschädigt. Der Angeklagte habe vorsätzlich die Sicherheit des Schienenverkehrs
gefährdet und Widerstand gegen Amtsträger geleistet, sie gesundheitlich geschädigt und fremde Sachen beschädigt. Er sei eine Gefahr für die Allgemeinheit.
Der Angeklagte berichtete der Kammer unter der Leitung des Vorsitzenden Richters am Landgericht, Franz Bernhard, von seiner Kindheit, dem Erwachsenwerden und seiner psychischen Krankheit. Zu den Vorwürfen,
er habe auf das Bahngleis Bretter und andere Gegenstände gelegt, bemerkte er: „So etwas darf sich absolut nicht wiederholen.“
Gleichwohl beteuerte er, er habe die Bretter von den Bahngleisen holen, und nicht hinlegen wollen, nachdem sie von der Terrasse auf die Bahngleise gefallen seien. Dann sei plötzlich der Triebwagen gekommen. Er habe sich erschrocken und dabei möglicherweise die Bretter auf die Bahngleise fallen lassen. „Natürlich bin ich bereit, den Schaden am Zug (520 Euro) zu tragen.“
Insgesamt 12 Zeugen sind zu dem Prozess geladen. Den Auftakt machte eine städtische Angestellte in Uniform, die beobachtete, wie der Angeklagte im Januar vergangenen Jahres in der Stadt auf Autos geschlagen, wild gestikuliert, den Mittelfinger und den Hitlergruß gezeigt habe. Das sei „unmissverständlich“und kein Winken gewesen. Polizeibeamte berichteten von ihren Einsätzen mit dem Beschuldigten und der Lokführer aus Radolfzell und sein Auszubildender aus Lörrach davon, wie sie mit 120 Stundenkilometern auf der kerzengeraden Strecke beim Erkennen der Holzteile einen Pfeifton setzten, eine Schnellbremsung einleiteten und den mit rund 50 Personen besetzten Triebwagen auf null heruntergebremst haben. Der Lokführer will erkannt haben, dass der Angeklagte intakte Bretter auf die Gleise gelegt hat. Im Widerspruch zum Beschuldigten, der die Möglichkeit nicht ausschloss, dass ihm die Bretter, die er wegräumen, nicht hinlegen wollte, beim Anblick des Triebwagens vor Schreck aus der Hand gefallen seien. Der Auszubildende auf dem Zug will gesehen haben, dass da jemand auf den Gleisen stand und gewunken habe – ohne Bretter in der Hand. Der Prozess wird fortgesetzt.