Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Un, deux, trois
Lange haben Mama und Papa überlegt, ob sie Tochter Hanna im September wirklich in die Schule schicken sollen. Ein paar Tage vor Beginn des Schuljahres wird sie sechs und ist damit ein sogenanntes Kann-Kind: Man kann es zur Schule schicken, kann aber auch noch ein Jahr warten. Einerseits lässt sich Hanna vom großen Bruder seit Monaten Zahlen und Buchstaben erklären, andererseits spielt sie immer noch liebend gerne Baby. Nichts selber zu können, hat schließlich den Vorteil, dass andere einem alles abnehmen.
Das ist zwar durchschaubar, trotzdem kamen Mama und Papa neulich beim Mensch-ärgere-dich-nichtSpiel ins Grübeln. Nach jedem Würfeln begann die große Kleine angestrengt zu Überlegen, zählte nicht minder angestrengt die Felder und setzte die Figur ein ums andere Mal aufs falsches Feld. Mama und Papa begannen zu diskutieren, ob das mit der Einschulung wirklich eine gute Idee sei. Hanna tat erstmal so, als hörte sie gar nicht zu, als ginge sie das gar nichts an. Dann würfelte sie eine Drei, zählte auf Französisch „un, deux, trois“, schubste Papas Figur, die auf ihrem Zielfeld stand, vom Brett, grinste ihm frech ins Gesicht und zog gelangweilt von dannen, weil sie einfach keinen Bock auf Mensch-ärgere-dich-nicht hatte.