Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Stadt will bis zu 2,50 Euro Kurtaxe erheben
In der Nebensaison soll’s günstiger werden, auch Befreiungen sind geplant
FRIEDRICHSHAFEN - Dass Friedrichshafen trotz Lage am Bodensee eher die Kriterien einer Industriestadt erfüllt als jene eines Kur- oder Erholungsortes, wird wohl kaum ein Häfler bezweifeln. Trotzdem sollen Übernachtungsgäste künftig Kurtaxe zahlen, bis zu 2,50 Euro pro Übernachtung. Dafür hat sich in seiner Sitzung am Montag der Finanz- und Verwaltungsausschuss ausgesprochen. Hintergrund ist die für 2023 beschlossene Einführung der Echt Bodensee Card (EBC). Über die Kurtaxe soll der für die Gästekarte der Deutschen Bodensee Tourismus GmbH (DBT) anfallende Solidarbeitrag finanziert werden.
Als die DBT 2017 mit ihrer regionalen Gästekarte an den Start ging, überwog nicht nur in Friedrichshafen noch die Skepsis hinsichtlich des Nutzens der EBC im Verhältnis zu Aufwand und Kosten. Nachdem die Kinderkrankheiten der Gästekarte mittlerweile weitgehend beseitigt sind, sind nun aber auch Häfler Gastgewerbe und Kommunalpolitik mehrheitlich überzeugt davon, dass die EBC vorteilhaft für Friedrichshafen
ist. Hauptvorteil für die Gäste ist die kostenlose Nutzung von Bus und Bahn, darüber hinaus erhalten EBCInhaber Vergünstigungen oder kleine Präsente in vielen touristischen Einrichtungen in der Region – zum Beispiel in den Häfler Museen.
Im Dezember 2021 fasste der Gemeinderat den Grundsatzbeschluss, die EBC zum 1. Januar 2023 auch in Friedrichshafen einzuführen. Dafür muss die Stadt dann 1,06 Euro netto pro Übernachtung als Solidarbeitrag an die DBT zahlen – wovon jeweils 85 Cent plus Umsatzsteuer an den Verkehrsverbund bodo weitergeleitet werden. Gedeckt werden sollen die Kosten für die EBC – für Solidarbeitrag, Personal- und Sachkosten geht die Stadt von 685 378 Euro pro Jahr aus – über eine Kurtaxe, wobei vom Solidarbeitrag nur der bodo-Anteil einberechnet werden darf. Um allein die EBC-Kosten zu decken, müsste die Kurtaxe laut Berechnung der Stadtverwaltung mindestens 1,69 Euro brutto betragen. Ausgehend von sämtlichen Kosten für touristische Angebote, die über eine Kurtaxe abgerechnet werden dürfen, läge der höchstzulässige Kurtaxesatz bei 8,86 Euro brutto.
Was die Verwaltung nun konkret vorschlägt, ist eine Kurtaxe von 2,50 Euro brutto für Erwachsene in der Hauptsaison (April bis Oktober) sowie 1,50 Euro in der Nebensaison (November bis März). Geschäftsreisende sollen von der Kurtaxe befreit werden. Für Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren sollen 1,25 Euro in der Hauptsaison und 70 Cent in der Nebensaison erhoben werden. Für Zweitwohnungsbesitzer schlägt die Verwaltung eine Jahreskurtaxe von 100 Euro vor, für Dauercampingstellplatzund Bootsliegeplatzinhaber stehen 60 Euro brutto im Raum. Ob Letztere tatsächlich zur Kasse gebeten werden sollen, ist aber noch offen, weil hier Klagen wie etwa in Kressbronn drohen. Hafenbetreiber argumentieren, dass Bootsinhaber touristische Angebote, für die Kurtaxe berechnet wird, gar nicht nutzen würden – weil sie praktisch die gesamte Zeit auf ihren Booten verbringen. Wie genau die Kurtaxe-Satzung letztlich in solchen Detailfragen gestaltet werden soll, darüber soll am Mittwoch der Kulturund Sozialausschuss beraten. Endgültig entscheiden soll der Gemeinderat am 27. Juni.
Ein für die Stadt willkommener Nebeneffekt der Kurtaxe ist übrigens, dass sie durch deren Einführung erstmals in die Lage versetzt wird, die tatsächliche Zahl der Ferienwohnungen in Friedrichshafen zu erheben. Gastgeber mit weniger als zehn Betten laufen bislang unter dem Radar. Kurtaxepflichtig werden aber auch deren Gäste sein, weshalb nun ein Meldesystem eingeführt wird. Dem zu entgehen, wird schwierig, weil die Kurtaxesatzung der Stadt eine rechtliche Grundlage liefern wird, um von Vermittlungsportalen wie Airbnb Gastgeberdaten einzuholen.
Eine Hürde, die die Stadt vor Einführung der Kurtaxe noch nehmen muss, ist eine entsprechende Genehmigung des Regierungspräsidiums. Da Friedrichshafen eine von Industrie geprägte Stadt und lediglich die Ortschaft Ailingen ein staatlich anerkannter Erholungsort ist, ist eine solche Genehmigung zwar kein Selbstläufer, im Rathaus ist man aber zuversichtlich – da mit der Kurtaxe indirekt eine Förderung des ÖPNV verbunden ist und die Stadt Singen mit einer ähnlichen Konstellation bereits eine Genehmigung zur Einführung einer Kurtaxe erhalten hat.