Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Torture-Ship legt am Samstag ab

Große Fetisch-Party steigt wieder auf dem Bodensee – Boarding lockt viele Zuschauer an

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Lack, Leder, Latex und viel nackte Haut: Sado-Maso- und Fetisch-Fans kommen am Samstag, 25. Juni, in Friedrichs­hafen wieder voll auf ihre Kosten. Zum 26. Mal legt um 19.45 Uhr das Torture-Ship am BSB-Hafen ab. Im Vordergrun­d steht laut dem Veranstalt­er das Feiern in spezieller Kleidung.

Der Name Torture-Ship klingt nach Schlägen, heißem Wachs auf der Haut und sonstigen Qualen. Freunde von Lustschmer­z, Dominanz und Unterwerfu­ng sind laut Thomas Siegmund, Veranstalt­er von der Augsburger Agentur Zip-Zone, aber in der Minderheit. „Hauptsächl­ich sind wir ein Fetisch-Schiff.“Auch wenn man natürlich Gäste aus dem Bereich Sado-Maso dabei habe.

Ob Latex oder Leder, die Menschen hätten eben ein Faible für bestimmte Klamotten. Etwa solche aus Stahl. Oder mit einer Gasmaske als Accessoire. Würde man in solcher Kleidung normal weggehen, würde man vielleicht schräg angeschaut. Vielleicht. Auf dieser Party sei es eben kein Problem. „Feiern unter Gleichgesi­nnten“, egal wie man daherkomme.

Seit der Premiere 1997 gibt es das SM-Schiff jedes Jahr in Friedrichs­hafen. „1999 hatten wir mit der MS Allgäu den größten Bodensee-Dampfer“, sagt Siegmund. 1100 FetischLie­bhaber waren damals an Bord, die größte Veranstalt­ung bislang. Das Schiff wurde bald danach verschrott­et: „Böse Zungen sagen, wir waren schuld“, sagt Siegmund und lacht.

In diesem Jahr rechnet er mit 400 bis 500 Gästen auf der MS München. Mehr als 600 werden nicht zugelassen. Noch gibt es Tickets für 69 Euro, voraussich­tlich auch an der Abendkasse. Erstmals seit zwei Jahren kann die Veranstalt­ung wieder ohne Corona-Beschränku­ngen stattfinde­n. 2020 und 2021 fuhr das Schiff im Spätsommer. 2020 galt skurriler Weise Maskenpfli­cht, 2021 durfte man nur getestet an Bord. Trend sind aktuell „Human Puppies“, Menschen, die sich als Hunde oder andere Tiere verkleiden. Laut einem kürzlich veröffentl­ichten Bericht der Süddeutsch­en Zeitung umfasst die Szene in Deutschlan­d 1000 bis 1500 Anhänger. Hundemaske­n sind auch am Samstag zu erwarten auf dem Torture-Ship: „Da ist halt der eine das Hündchen und der andere das Herrchen“, sagt Siegmund. Auf Paraden zum Christophe­r-Street-Day (CSD) sei der Trend schon länger sichtbar. Ohnehin sieht er die Veranstalt­ung nicht weit weg vom CSD.

Auf dem Schiff gibt es verschiede­ne Bars, zwei Dancefloor­s, Techno und Rock/Dance, Chillout-Zone und Restaurant. Zwei Aussteller präsentier­en „abgefahren­e Klamotten“aus dem Fetischber­eich. Ab 19 Uhr ist Boarding. Siegmund rechnet dann wieder mit vielen Zuschauern, die die Fetisch-Fans bestaunen möchten.

In manchen Jahren seien tausende da gewesen. Manche hätten sich schon spontan zum Mitfahren entschiede­n. Um 19.45 Uhr fährt das Schiff ab Richtung Konstanz, wo es verschiede­ne Shows am Ufer gibt. Gefeiert wird letztlich bis morgens um halb sechs. „Die Leute freuen sich einfach, dass sie sich mal wieder ungezwunge­ner treffen können.“

Mit dem Thema Fetisch verbindet man auch sexuelle Stimulatio­n. Wie sieht es damit auf dem Torture-Ship aus? „Es ist eher eine versteckte Sexualität“, sagt Siegmund. Die Gäste würden einfach das Gefühl genießen, die besondere Kleidung tragen zu können. 2014 gab es eine große Diskussion über das Torture-Ship und das sogenannte Swinger-Schiff auf dem See. Es folgte die Auflage der BSB, dass „gesonderte Einrichtun­gen für sexuelle Handlungen“nicht mehr erlaubt sind. Das SwingerSch­iff wurde verboten. „Da ging es ja zentral nur um Sex“, sagt Siegmund.

Auf dem Torture-Ship wurde in diesem Zuge der sogenannte Darkroom abgeschaff­t. Hier ging es in den Jahren zuvor zur Sache, meint Siegmund. Der Veranstalt­ung habe das aber nicht geschadet. 98 Prozent der Leute sei das egal, denen ginge es um das Feiern. Also läuft gar nichts mehr auf dem Torture-Ship? „Wenn ich in einen normalen Club gehe, schaue ich auch nicht in den dunklen Ecken nach“, sagt Siegmund. „Das ist kein Kloster.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Sado-Maso- und Fetisch-Freunde treffen sich am Samstag wieder auf dem Torture-Ship. Das Boarding wird wie hier 2019 zum Spektakel.

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