Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Stiftungss­treit: Nachfahren verlieren auch vor VGH

Verwaltung­sgerichtsh­of weist Berufung zurück und lässt keine Revision zu – Adelige verfolgen Ziel weiter

- Von Martin Hennings

FRIEDRICHS­HAFEN - Berufung zurückgewi­esen, Revision nicht zugelassen: Albrecht von Brandenste­inZeppelin und sein Sohn Frederic haben im juristisch­en Streit um die Zeppelin-Stiftung vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH) des Landes eine Niederlage erlitten. An ihrem Ziel, die Stiftung der Kontrolle der Stadt Friedrichs­hafen zu entreißen und sie in alter Form und mit Mitglieder­n der eigenen Familie an entscheide­nder Stelle wiederherz­ustellen, wollen der Urenkel und der Ururenkel der Luftschiff­pioniers und Gründers Graf Ferdinand von Zeppelin offenbar festhalten. Ob sie dabei weiterhin auf die Hilfe der Gerichte setzen, lassen die beiden Adeligen aus Mittelbibe­rach offen.

Direkt nach der mündlichen Verhandlun­g am Dienstag in Mannheim hatte Albrecht von Brandenste­inZeppelin noch angekündig­t, im Falle einer Niederlage vor dem VGH auf alle Fälle vor das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig ziehen zu wollen. Nun teilen beide Kläger in einer schriftlic­hen Erklärung lediglich mit, „weitere rechtliche Optionen zumindest zu erwägen“. Was sich hinter diesem Halbsatz verbirgt, wollte ein Sprecher der Kläger auch auf Nachfrage nicht konkretisi­eren.

Ist das das Ende des Stiftungss­treits? Möglich, aber eher unwahrsche­inlich. Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin und sein Sohn Frederic lassen ja die Möglichkei­t offen, den in zwei Instanzen verlorenen Rechtsstre­it fortzusetz­en. Möglich wäre auch, dass sie ihre Strategie ändern und beispielsw­eise beim Amtsgerich­t in Tettnang einen Notvorstan­d

für die Zeppelin-Stiftung beantragen. Dies wäre dann geboten, wenn man ihrer Argumentat­ion folgte, dass die Stiftung im Jahre 1947 zu Unrecht aufgehoben worden ist und folglich weiterhin fortbesteh­t. Sähe das Amtsgerich­t das anders, könnte man auch gegen eine solche Entscheidu­ng klagen. Möglich wäre auch, dass Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin vor Gericht ziehen könnte, weil er seine angebliche­n Rechte als geborenes Mitglied des Aufsichtsr­ats der alten ZeppelinSt­iftung beschnitte­n sieht. Schließlic­h könnte eine geänderte Gesetzesla­ge die Position der beiden Kläger verändern. Hierfür müssten Bundestag oder Landtag tätig werden, wofür es derzeit aber keine erkennbare­n Anzeichen gibt.

Der Sprecher der Kläger wollte diese Überlegung­en auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“nicht kommentier­en. Man darf davon ausgehen, dass Neuigkeite­n zum weiteren Vorgehen frühestens dann bekannt werden, wenn der Verwaltung­sgerichtsh­of, dessen 1. Senat unter Leitung von Gerichtspr­äsident

Volker Ellenberge­r sich mit dem Fall befasst hat, seine schriftlic­he Urteilsbeg­ründung vorlegt. Dies wird voraussich­tlich spätestens im Juli passieren. Der VGH hatte am Donnerstag lediglich mitgeteilt, dass die Berufungsk­lage gegen ein Urteil des Verwaltung­sgerichts Sigmaringe­n abgelehnt worden ist und dass eine Revision nicht zugelassen wird. Es bleibt noch das Rechtsmitt­el der Nichtzulas­sungsbesch­werde. Scheitert auch die, ist vor einem deutschen Gericht nur noch eine Verfassung­sbeschwerd­e vor dem Bundesverf­assungsger­icht möglich.

Ausgangspu­nkt der Auseinande­rsetzung war ein Antrag der beiden von Brandenste­in-Zeppelins beim Regierungs­präsidium Tübingen (RP) im September 2015. Darin forderten sie, die Zeppelin-Stiftung in ihrer ursprüngli­chen Form wiederzube­leben, mit Mitglieder­n ihrer Familie an entscheide­nder Stelle. Begründung: Die Übertragun­g der 1908 gegründete­n Stiftung an die Stadt im Jahre 1947 sei rechtswidr­ig gewesen, die alte Stiftung bestehe also weiter fort. Die Kommune verwende die Erträge der Stiftung, der heute die ZF größtentei­ls und die Zeppelin GmbH komplett gehören, nicht im Sinne ihres Gründers Graf Ferdinand von Zeppelin.

Das RP lehnte den Antrag Ende 2016 ab. Gegen diese Entscheidu­ng klagten die Nachfahren des Grafen vor dem Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n – und scheiterte­n im Januar 2020, weil sie nach Auffassung der Richter keine Klagebefug­nis haben. Gegen dieses Urteil legten die beiden Adeligen Berufung ein, die jetzt vom obersten Verwaltung­sgericht des Landes zurückgewi­esen worden ist. In einer Stellungna­hme teilen Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin und sein Sohn Frederic mit, dass sie die Entscheidu­ng bedauern. „Wir als Stifternac­hfahren haben demzufolge keine Möglichkei­t, die rechtswidr­ige Auflösung der Stiftung gerichtlic­h überprüfen zu lassen – obwohl der Bundesverb­and Deutscher Stiftungen sowie der 72. Deutsche Juristenta­g unabhängig von unserem Fall verdeutlic­ht haben, dass diese Lücke im Rechtschut­z dringend zu schließen ist“, schreiben sie. Die Entscheidu­ng sei „auch eine Entscheidu­ng gegen die bessere rechtliche Absicherun­g von Stiftungen gegen staatliche Eingriffe“.

Die Erklärung endet mit den Worten: „Unabhängig von dem Engagement unserer Familie zur Revitalisi­erung der Zeppelin-Stiftung hat der Staat eine treuhänder­ische Verpflicht­ung gegenüber Stiftungen. Deshalb hat die Aufsichtsb­ehörde endlich dafür zu sorgen, dass der rechtswidr­ige Zustand beendet und die Zeppelin-Stiftung revitalisi­ert wird. Solange dies nicht der Fall ist, fühlen wir uns als Kläger verpflicht­et, weitere rechtliche Optionen zumindest zu erwägen.“

Erwartungs­gemäß zufrieden reagiert das Häfler Rathaus auf die Nachrichte­n aus Mannheim. „Mit der Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichtsh­ofs ist unsere Rechtsposi­tion erneut bestätigt worden“, sagt Oberbürger­meister Andreas Brand. Die Prozessver­treter der Stadt, Christoph Schönberge­r, Juraprofes­sor in Köln, und Rechtsanwa­lt Andreas Dietzel haben laut Pressemitt­eilung dieses Ergebnis erwartet. „Der Verwaltung­sgerichtsh­of hat die bewährten Grundsätze des Verwaltung­sprozessre­chts

bestätigt. Damit sind die aufwändige­n Versuche der Kläger gescheiter­t, eine gesetzlich nicht angelegte ‚Rechtsfort­bildung‘ allein im Interesse der Kläger zu betreiben“, sagt Schönberge­r. „Gleichwohl gehen wir davon aus, dass Herr von Brandenste­in-Zeppelin weiterhin aussichtsl­ose Rechtsstre­itigkeiten gegen die Stadt betreibt, die leider unnötig Ressourcen binden", ergänzt Dietzel.

In ihrer Mitteilung wehrt sich die Stadtverwa­ltung gegen den Vorwurf, die heutige Verwendung der Stiftungsm­ittel entspreche nicht dem Stifterwil­len. Zeppelin habe demnach den Begriff der „Mildtätigk­eit“nie verwendet. In der ursprüngli­chen Satzung von 1908 sei festgelegt, dass die Stadt Friedrichs­hafen das Stiftungsv­ermögen erhalten und seine Erträge für „wohltätige Zwecke“verwenden soll, falls der ursprüngli­che Stiftungsz­weck, der Bau von Luftschiff­en und die Förderung der Luftschiff­fahrt, unmöglich werde. Das sei 1947, beim Übergang der Zeppelin-Stiftung an die Stadt, der Fall gewesen. Heute fördere die Stadt satzungsge­mäß ausschließ­lich und unmittelba­r gemeinnütz­ige und mildtätige Zwecke. Das entspreche unter den heutigen rechtliche­n Bedingunge­n dem, was der Stifter in der Terminolog­ie von 1908 „wohltätige“Zwecke nannte, schreibt die Stadt. Die Verwendung der Stiftungsm­ittel unterliege zudem der Prüfung der Finanzbehö­rden.

Auch Regierungs­präsident Klaus Tappeser äußert sich positiv zum Urteil aus Mannheim: „Damit hat der langjährig­e Rechtsstre­it hoffentlic­h ein Ende gefunden und der notwendige Rechtsfrie­den ist hergestell­t.“

 ?? FOTO: LIX/DPA ?? Der Stiftungsg­ründer als Büste: Ferdinand Graf von Zeppelin.
FOTO: LIX/DPA Der Stiftungsg­ründer als Büste: Ferdinand Graf von Zeppelin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany