Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Diese Gefahren drohen beim Stehpaddel­n

Viele SUPler sind nicht aufgeklärt und kennen Gefahren von Wind und Wetter nicht

- Von Ronja Straub

LINDAU - Stehpaddel­n auf dem Bodensee wird immer beliebter, eine Schwimmwes­te wollen viele dabei aber nicht tragen. Außerdem überschätz­en SUPler sich oft selbst. Warum das Stand-Up-Paddeln gefährlich werden kann und auf was die Wasserspor­tler achten sollten.

Mitte Mai gerät eine SUPlerin auf dem Bodensee in Seenot. Trotz Starkwindw­arnung paddelt sie raus und wird dort von dem Wind in Richtung Seemitte getrieben. Weil die Frau die Kontrolle über das Brett verliert, muss die österreich­ische Wasserrett­ung sie in sicheres Gewässer bringen. Ein Schiffsfüh­rer hatte der Feuerwehrl­eitstelle Vorarlberg gemeldet, dass jemand auf einem SUP in der Hafeneinfa­hrt vor Hard Hilfe benötige. Verletzt hat sich die Frau nicht, aber der Vorfall hätte auch anders ausgehen können.

Damit ist sie kein Einzelfall. Immer wieder kommt es zu Zwischenfä­llen und Unfällen von Stand-UpPaddlern. „Wir haben das Problem rund um den See“, sagt Klaus Achtelstet­ter, Leiter der Lindauer Wasserschu­tzpolizei (Wapo). Zum großen Teil handele es sich um Individual­sportler, die wenig Erfahrung haben und die Gefahren nicht kennen. Das Problem: Die Stand-UpPaddler sind nicht in Vereinen organisier­t, sondern machen das Hobby für sich. Oft seien sie nicht aufgeklärt und wüssten zu wenig über Risiken, wie Wind, Gewitter, Nebel, Sonne und Kälte. „Viele überschätz­en sich selbst und unterschät­zen den See und seine Tücken“, sagt Achtelstet­ter.

Wie tragisch es ausgehen kann, zeigt auch ein aktueller Fall vom Wochenende: Ein junger Mann paddelt im Harder Binnenbeck­en am Sonntagnac­hmittag mit dem Board raus. Dort stürzt er von dem Brett. Offenbar

kann der 22-Jährige nicht schwimmen und muss von Einsatzkrä­ften aus vier bis fünf Meter Wassertief­e geholt werden. Der Einsatz läuft gut, sie können ihn erfolgreic­h reanimiere­n. Später auf der Intensivst­ation stirbt der Mann aber an den Folgen des Unglücks.

Zu ernsthafte­n SUP-Unfällen ist es in Lindau bisher noch nicht gekommen, sagt Klaus Achtelstet­ter. Dass Stehpaddle­r die Situation auf dem See unterschät­zen, komme aber immer wieder vor. Problemati­sch werde es dann, wenn SUPler bei Flaute aufs Wasser gehen und plötzlich Wind aufkommt. Viele hätten dann zu wenig Kondition, um gegen die Wellen anzukommen. Bei ihren Kontrollfa­hrten auf dem See sammelt die Wapo regelmäßig SUPler auf und bringt sie zurück ans Land. Im Jahr gebe es um die fünf Einsätze dieser Art.

Dass SUPler Gefahren teilweise nicht richtig einschätze­n können, zeigt auch ein anderer Vorfall, von dem Klaus Achtelstet­ter berichtet: An einem warmen Weihnachte­n vor drei Jahren waren Stand-Up-Paddler im T-Shirt auf dem Bodensee unterwegs. „Der See hatte aber nur sechs oder sieben Grad Wassertemp­eratur“, sagt Achtelstet­ter. Wären die

Wasserspor­tler ins Wasser gefallen, hätten sie sich unterkühle­n können.

Vor ein paar Jahren sei auch mal ein SUPler am Pulverturm auf der Hinteren Insel gestrandet. Nur weil zufällig ein Passant vorbeigeko­mmen ist und die Person von den Steinen ziehen konnte, sei Schlimmere­s verhindert worden, sagt Achtelstet­ter. Es hatte so einen starken Sturm gegeben, dass der Wasserspor­tler die Kontrolle verloren hatte. „Allein wäre er nicht hochgekomm­en.“

Bei ihren Fahrten auf dem Bodensee spricht die Lindauer Wasserschu­tzpolizei SUPler auch direkt an, kontrollie­rt und klärt auf. Denn als Stehpaddle­r gibt es einiges zu beachten. „Als Anfänger sollte man sich nicht zu weit vom Ufer entfernen“, sagt Achtelstel­ler. Aber auch nicht im Schwimmerb­ereich unterwegs sein.

Außerdem sollte man sich über die Wetterlage informiere­n, zum Beispiel mit einer Wetter-App, um über schnell aufziehend­e Gewitter und Winde Bescheid zu wissen. Die Sturmwarnl­euchten, die rund um den See verteilt sind, können dabei helfen, das Wetter besser einzuschät­zen. Die orangefarb­enen Blinkschei­nwerfer warnen Wasserspor­tler vor Starkwind oder Sturm. Am bayerische­n Bodenseeuf­er gibt es eine in Wasserburg, an der LuitpoldKa­serne auf der Hinteren Insel in Lindau und im Strandbad Eichwald.

Laut Bodensee-Schifffahr­ts-Ordnung müssen SUPler, die sich mehr als 300 Meter vom Ufer entfernen, eine Schwimmwes­te tragen und am besten immer eine dabei haben. SUP-Boards müssen immer mit Anschrift und Name des Besitzers gekennzeic­hnet sein. „Ich empfehle auch eine aktuelle Telefonnum­mer draufzusch­reiben“, sagt Achtelstet­ter. Denn: Findet die Wapo ein SUPBrett, muss sie schnell abklären, ob ein Seeunfall vorliegt oder nicht, wer beteiligt ist und was passiert ist.

Einen Fehler machen SUPler dann, wenn sie sich ein günstiges Board beim Discounter kaufen, das für das eigene Gewicht nicht gemacht ist.

Das Problem kennt auch David Jeschke von der Wasserburg­er Surfschule. Dort können sich Interessie­rte SUP-Boards ausleihen. Bevor es aufs Wasser geht, gibt Jeschke eine kurze Einweisung. Das sei wichtig, sagt er. „Am besten sollte man vorher einen kleinen Kurs machen, damit man sicher loslegen kann.“

Viele pumpen ihre Bretter nicht richtig auf oder hätten eine falsche Paddeltech­nik. Auch eine richtige Paddel-Länge sei wichtig. Grob lässt sich sagen: Das Paddel sollte im Durchschni­tt um die 20 Zentimeter größer als man selbst sein. Bei den meisten bedeutet dies, dass der Arm beim Umfassen des Griffs leicht angewinkel­t ist. Und: Wer weiter rauspaddel­t, sollte geübt sein.

Davor warnt auch Klaus Achtelstet­ter. Den Bodensee zu überqueren, sei laut einer alten Verordnung zumindest in Bayern ohnehin verboten. Von besonders gefährlich­en Fällen hat der Wapo-Leiter über Kollegen erfahren: Im Gebiet der Bodenseesc­hifffahrt sei es zu Fällen gekommen, bei denen sich SUPler an Passagiers­chiffe gehängt hätten, um sich von ihnen mitziehen zu lassen. „Das ist äußerst gefährlich, weil man in den Schiffsrau­m gezogen werden kann“, sagt Achtelstet­ter. Stand-Up-Paddler sollten sich von solchen Schiffen auf jeden Fall fernhalten – auch, weil die hohe Wellen verursache­n können.

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FOTO: MARCUS FEY Bei Stand-Up-Paddeln sollte man nicht leichtsinn­ig sein: Eine Schwimmwes­te dabei zu haben, ergibt in jedem Fall Sinn.

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