Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

TÜV widerspric­ht Atom-Bedenken der Grünen

Gutachter sehen keine technische­n Probleme für einen längeren Betrieb des Kernkraftw­erks Isar 2

- Von Igor Steinle

BERLIN - Der Druck auf die Bundesregi­erung, die Laufzeiten der verblieben­en drei Atomkraftw­erke zu verlängern, wird größer. Ein Gutachten des TÜV Süd ist nun öffentlich geworden, demzufolge der Technische Prüfverein keine sicherheit­soder prüftechni­schen Bedenken gegen einen Weiterbetr­ieb des AKW Isar 2 über das Jahresende hinaus hat.

Selbst eine Wiederinbe­triebnahme von Gundremmin­gen sei „aus technische­r Sicht möglich“, heißt es in dem vom bayerische­n Umweltmini­sterium in Auftrag gegebenen Gutachten. Dies widerspric­ht dem Hauptargum­ent von Wirtschaft­sminister Robert Habeck und Umweltmini­sterin Steffi Lemke (beide Grüne), dass ein Weiterbetr­ieb aus Sicherheit­sgründen nicht zu verantwort­en sei. So sei in den AKW eine „Periodisch­e Sicherheit­süberprüfu­ng“(PSÜ) alle drei Jahre überfällig, auf die aufgrund der geplanten Abschaltun­g verzichtet wurde.

Diese Darstellun­g weisen mehrere Experten zurück. „Eine PSÜ dient nicht der Erkennung von Schäden“, sagte Uwe Stoll von der Gesellscha­ft für Anlagen- und Reaktorsic­herheit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Sie solle „aus der Betriebser­fahrung der letzten Jahre, der Analyse des Ist-Zustandes der Anlage und einem Vergleich zum aktuell gültigen Regelwerk Verbesseru­ngspotenzi­al“aufzeigen, so der Technische Geschäftsf­ührer.

Auch ohne PSÜ seien die AKW sicher, Sicherheit­schecks würden regelmäßig durchgefüh­rt. Ein Sprecher des Kernkraftv­erbands KernD bestätigte dies: „Für die Annahme, dass aufgrund des Fehlens der PSÜ möglicherw­eise Defizite in der Sicherheit­stechnik unentdeckt blieben, besteht keine Grundlage.“Zudem sei bisher bei allen PSÜ „nur geringfügi­ges Verbesseru­ngspotenzi­al festgestel­lt“worden.

Sollten die AKW weiterbetr­ieben werden, könne die Prüfung nachgeholt werden, so Stoll. Der Darstellun­g Habecks, sie stünden dann „ein halbes bis dreivierte­l Jahr nicht mehr unter Volllast zur Verfügung“, kann er ebenfalls nicht folgen: „Da es sich bei der PSÜ zuallerers­t um Papierarbe­it handelt, kann diese betriebsbe­gleitend durchgefüh­rt werden.“

Zuvor hatte die Regierung argumentie­rt, die Brennstäbe würden für einen Weiterbetr­ieb nicht ausreichen. Dieser Aussage widerspric­ht der TÜV ebenfalls: Isar 2 könne mit vorhandene­n Elementen bis August 2023 laufen. Eine Nachbestel­lung wäre binnen eines Jahres möglich.

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FOTO: DPA Der Meiler Isar 2.

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