Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
DGH Sand Casting beantragt Insolvenz
Das Häfler Unternehmen hat rund 265 Mitarbeiter - Geschäftsbetrieb wird fortgesetzt
FRIEDRICHSHAFEN - Der Aluminium-Sandguss-Spezialist DGH Sand Casting hat Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das schreibt das mit der Insolvenzverwaltung beauftragte Büro in einer Pressemitteilung. Das zuständige Amtsgericht Ravensburg hat Franz-Ludwig Danko von der Kanzlei Danko Insolvenzverwaltung zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Danko mache sich derzeit ein Bild der Lage und prüfe die Sanierungsoptionen.
„Der Geschäftsbetrieb geht auch im vorläufigen Insolvenzverfahren vollumfänglich weiter“, schreibt die Kanzlei in einer Mitteilung. Alle Aufträge würden nach wie vor pünktlich und in gewohnter Qualität bearbeitet. Danko hat am Donnerstag gemeinsam mit der Geschäftsführung die rund 265 Beschäftigten informiert. Deren Löhne und Gehälter seien gesichert und würden nun für drei Monate über die Bundesagentur für Arbeit als Insolvenzgeld gezahlt, heißt es in der Mitteilung weiter.
Bei der Zusammenkunft am Donnerstag ebenfalls vor Ort war Frederic Striegler von der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben. „Wir setzen uns für unsere Mitglieder ein und unterstützen sie, damit sie an ihre Gelder kommen.“Die Belegschaft habe die Nachricht gefasst aufgenommen, schildert Striegler seinen Eindruck. „Das Unternehmen kämpft ja bereits seit längerer Zeit.“Denn als MWS sei die Gießerei 2016 schon einmal in Insolvenz gegangen, ehe Oak Hill Advisors die Firma übernahm. Das amerikanische Investmentunternehmen führte den Betrieb 2018 als „DGH Sand CastingGruppe“aus der Insolvenz.
„Man hat sehr sehr viel darum gekämpft, dass es nicht noch einmal so weit kommt“, berichtet IG-MetallMann Striegler. Leider ohne Erfolg. Die äußeren Umstände hätten nicht gut gemeint mit dem Unternehmen, so Striegler. Es sei von der Corona-, in die Chip-Leiter- und dann in die Energiekrise geschlittert. Ziel des vorläufigen Insolvenzverwalters ist nun: Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten. Dazu werde man die wirtschaftliche Situation und die Sanierungsmöglichkeiten des Unternehmens so schnell als möglich analysieren, schreibt Danko in seiner Mitteilung. Dieser Prozess erfolge in enger Absprache mit der Geschäftsführung, Kunden und Gläubigern. Der Insolvenzgeldzeitraum verschaffe eine wichtige finanzielle Atempause, um den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren und die Sanierungsoptionen auszuloten. Denkbar seien demnach etwa eine Investorenlösung oder eine Art Vergleich mit den Gläubigern, heißt es weiter. Welcher Weg erfolgversprechend ist, werde sich in den nächsten Wochen zeigen.
DGH Sand Casting fertigt in Friedrichshafen Aluminium-Sandguss-Teile für die Anwendung in der Automobilindustrie (PKW und Nutzfahrzeuge) sowie in der Energieund Wärmetechnik. Zu den Produkten gehören unter anderem
Leichtbau-Teile und -Komponenten für Fahrwerk und Antriebsstrang – sowohl für Verbrenner als auch für Elektrofahrzeuge, sowie Wärmetauscher für Heizungssysteme. Der Jahresumsatz betrug laut Mitteilung zuletzt rund 37,8 Millionen Euro. Das Unternehmen beschäftigt rund 265 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wie viele Industrie-Unternehmen machen der DGH Sand Casting die Folgen der Corona-Pandemie stark zu schaffen. So seien die Umsätze seit Beginn der Pandemie um rund 35 Prozent zurückgegangen. Der Chip-Mangel sowie der Krieg in der Ukraine mit seinen Auswirkungen auf die Lieferkette und Energiepreise hätten die Situation zuletzt massiv verschärft.
Eine Reihe von Kunden des Unternehmens habe die Produktion drosseln oder sogar zeitweise unterbrechen müssen, schreibt Danko weiter. Infolgedessen seien auch die Abrufzahlen bei DGH Sand Casting gesunken. Ein Teil der Mitarbeiter befinde sich seit geraumer Zeit in
Kurzarbeit. „DGH Sand Casting betreibt eines der modernsten Sandguss-Fertigungsstandorte Europas und verfügt über eine äußerst qualifizierte Belegschaft sowie einen hochkarätigen Kundenstamm“, lässt sich der Insolvenzverwalter weiter zitieren. „Das sind wichtige Grundvoraussetzungen für eine Sanierung.“
Gießerei als „Metallbearbeitung Friedrichshafen eGmbH“ins Handelsregister eingetragen. 1956 wurde die Genossenschaft in eine GmbH umgewandelt und firmierte ab etwa 1970 als „mb Guss“. 1989 übernahm die Georg Fischer AG Schaffhausen „mb Guss“und verkaufte 2012 die Firma an die österreichische MWS. Diese ging 2016 in Insolvenz. Das amerikanische Investmentunternehmen Oak Hill Advisors stieg 2018 ein und führte den Betrieb unter „DGH Sand Casting-Gruppe“weiter.
Am 13. Oktober 1947 wurde die