Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
32 Werkswohnungen sollen Quartier abrunden
Willi Berner nimmt bereits jetzt eine große Nachfrage wahr – Dabei ist das Bauende wohl erst Anfang 2023
TETTNANG - Teils müssen Unternehmen in der Region bei der Mitarbeitersuche kapitulieren. Ein Stichwort ist Fachkräftemangel. Und wenn sich doch Arbeitskräfte finden, scheitert es immer wieder auch am Wohnraum. Dieses Leid klagte erst jüngst ein Teilnehmer einer Diskussionsrunde der Handwerkskammer im Neuen Schloss.
Dass hier Bedarf ist, merkt Bauherr Willi Berner. Das Ramsbachquartier Ost entlang der Kolpingstraße steht im Grunde. Im Bau befinden sich jetzt noch die 32 Werkswohnungen in zwei Gebäuden, die den Gebäudekomplex zum Nordwesten hin abschließen.
Sowohl größere Unternehmen als auch kleinere Handwerksbetriebe melden sich bereits bei ihm, hier rechnet er angesichts der angespannten Situation auf dem Markt auch noch mit weiterer Resonanz. Kooperationspartner erhalten Belegungsrechte. Und dass sich auch kleinere Unternehmen bei ihm melden, sagt Berner, „ist mir ganz wichtig“. Er will den Fokus nicht ausschließlich auf große Industriebetriebe legen.
Diese Art der Nutzung ist schon von Beginn Teil des Konzepts. Die Besonderheit ist, dass Berner Wohnbau die Wohnungen nicht veräußert, sondern im Bestand behält. Das Ganze reicht von einer Zweier-Wohngemeinschaft mit gemeinsamer Küche und Esszimmer bis hin zu regulären Wohnungen.
Firmen erhalten ein Belegrecht und können diese Wohnungen anmieten und an Mitarbeiter steuervergünstigt weitergeben. Das sei im Grunde recht unkompliziert, sagt Willi Berner. Eingebunden ist das Ganze in ein gerade entstandenes
Quartier mit sechs weiteren Wohngebäuden, einem 25 Meter breiten, lang gezogenen Innenhof und zwei Quartiershäuschen samt Küche und WC, die die Bewohner nutzen können.
Der Eingang zu den Werkswohnungen liegt in der Jahnstraße, die Eingangstüren erreichen die späteren Bewohner über einen Laubengang. Die Wohnungen, so Berner, könnten je nach Bedarf eine Übergangslösung darstellen, aber eben auch die finale Wohnung von Mitarbeitenden sein. Beides sei möglich. Dadurch, dass es eben verschiedene Grundrisse gebe, können je nach Anforderungen auch Familien einziehen.
Der Bau soll bis zum Frühjahr 2023 abgeschlossen sein. So hofft Berner, denn natürlich sind Lieferketten derzeit überall ein Thema. „Bei den allermeisten Gewerken haben wir vorgesorgt“, äußert Berner. Aber es gebe eben Warengruppen, die schwierig seien. Weiße Fliesen nennt er als Beispiel, „diese sind derzeit nur schlecht zu bekommen“.
Und auch die Baukostensteigerung beschäftigt Willi Berner: „Das tut schon weh.“
Dieses Problem trifft derzeit alle Bauherren. Wobei er auch sagt, dass er froh sei, dass der Bau schon so weit sei. Immerhin wächst das Gebäude immer weiter in die Höhe, der Abschluss rückt immer näher in Sicht.
Damit wird dann in wenigen Monaten auch das Gesamtprojekt abgeschlossen sein. Auch in den mittlerweile vermarkteten Wohnungen hat Berner einen Mix aus verschiedenen Wohnformen umgesetzt und freut sich, dass sich dies auch bei den Bewohnern niederschlägt: „Da ist alles wirklich durchmischt.“Und: „Es sind auch viele Familien drin.“
Die Balkone oder Außenbereiche der Werkswohnungen gehen entweder Richtung Südosten. Dort liegt der etwa 25 Meter breite Innenhof mit Begrünung und den beiden Quartiershäusern. Oder der Blick geht nach Südwesten, Richtung See. Derzeit sowieso noch, sagt Berner. Doch auch mit der Bebauung des Zwisler-Areals würden Sichtachsen erhalten bleiben.
Der Bedarf nach Wohnungen für Unternehmen ist nicht neu. Ganze Siedlungen sind in früheren Zeiten so entstanden. Auch HochtechnologieUnternehmen wie etwa ifm sehen mittlerweile wieder die Notwendigkeit.
Zu Beginn des Jahres etwa äußerte Steffen Fischer, Zentralgeschäftsführer Personal bei der ifm, dass er seine Sichtweise nicht aufrechterhalten könne, dass die Werkswohnung ein Relikt einer früheren Zeit sei. Die Umstände hätten sich geändert. Das Unternehmen möchte Angestellten zumindest für die Anfangszeit eine
Wohnmöglichkeit anbieten können.
Dieses Konzept setzen auch andere Unternehmen bereits um. Ein Beispiel ist teba mit dem Projekt Quattro an der Klinik Tettnang. In den Gebäuden gibt es mit einem etwas anderen Konzept als bei Berners Quartier an der Jahnstraße auch Wohnmöglichkeiten mit dem gezielten Zuschnitt auf Mitarbeitende, da in der Form von Apartments, die die Sparkasse Bodensee als Eigentümerin vermarktet.
Dass es hier eine größere Vielfalt an potenziellen Interessenten gibt als das Angebot gesamtstädtisch sicherlich hergibt, wird deutlich, wenn man die Zahlen betrachtet, die Tobi as Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, seinerzeit bei der Diskussionsrunde im Neuen Schloss genannt hatte: Neben anderen Unternehmen gibt es in Tettnang allein 296 Handwerksbetriebe, von denen 40 ausbilden.