Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Das Geheimnis der Wolken lüften
Erdbeobachtungs-Satellit EarthCARE von Airbus soll Daten für Klimaforschung liefern
IMMENSTAAD (sz) - Wolken und Aerosole gelten immer noch als große Unbekannte beim Verständnis unseres Klimas. Mit dem Erdbeobachtungs-Satelliten EarthCARE hat die Raumfahrtsparte von Airbus laut einer Pressemitteilung den entscheidenden „Schlüssel“fertiggestellt, der das Geheimnis der Wolken lüften und so zu genaueren Atmosphärenmodellen und zu weiter verbesserten Klimavorhersagen beitragen soll.
Der 2,3 Tonnen schwere Satellit wird laut der Mitteilung gerade vom Airbus-Standort Friedrichshafen in Immenstaad zum Technologiezentrum ESTEC der europäischen Weltraumorganisation ESA in Noordwijk, Niederlande, gebracht. „Dort wird er bis Mitte kommenden Jahres auf Herz und Nieren getestet. Er wird dabei unter anderem Belastungen wie sie beim Start entstehen und Umweltbedingungen wie sie auf ihn in der Umlaufbahn warten, ausgesetzt. So wird seine Einsatzbereitschaft ausgiebig überprüft“, schreibt Airbus.
Wolken spielen laut Airbus eine wichtige Rolle für das Klima, „denn sie regulieren die Menge an Sonnenenergie, die die Oberfläche erreicht, und die Menge an Energie, die von der Erde ins All zurückgestrahlt wird“. Je mehr Energie von der Erde aufgefangen wird, desto wärmer wird es. Wenn weniger Energie aufgefangen wird, wird es kühler. Welche Rolle genau, Wolken und Aerosole im Klimasystem spielen, stelle aber nach wie vor eine besonders große Unsicherheit bei Klimaprognosen, sowie beim Verständnis des irdischen Wasserkreislaufs dar.
EarthCARE wird laut Airbus globale Profile von Wolken und Aerosolen zusammen mit Messungen der vom Planeten reflektierten Sonnenstrahlung und der von der Erde emittierten Wärmestrahlung liefern. Zu diesem Zweck trage der Satellit zwei große Instrumente: ein Lidar namens ATLID zur Messung der vertikalen Profile von Aerosolen und dünnen Wolken sowie ein Radar (Cloud Profiling Radar) zur Messung der vertikalen Profile von dicken Wolken und Niederschlag. Das CPR-Instrument wird von der japanischen Raumfahrtagentur JAXA beigestellt. Zwei weitere Instrumente, ein Cloud Imager (MSI) und ein Breitbandradiometer (BBR), die die reflektierte Sonnenstrahlung sowie die emittierte Wärmestrahlung der Wolken messen, vervollständigen demnach die Sensorausstattung des Satelliten. Durch den gleichzeitigen Einsatz aller vier Instrumente könnten 3D-Wolken- und Aerosolszenen direkt mit der reflektierten Sonnenstrahlung und der emittierten Wärmestrahlung in Beziehung gesetzt werden.
Der Satellit EarthCARE wird die Erde laut Airbus in einer Höhe von etwa 400 Kilometer umkreisen. Die Umlaufbahn müsse so niedrig wie möglich gewählt werden, um den Einsatz von Lidar und Radar zu optimieren, dürfe aber nicht zu niedrig sein, da sonst der Luftwiderstand den Treibstoffverbrauch und die Lebensdauer der Mission beeinträchtigen würde.
Da eine globale Abdeckung erforderlich sei, fliege EarthCARE nahezu polar. Er überquert den Äquator demnach am frühen Nachmittag, was eine optimale Beleuchtung und minimale Sonneneinstrahlung für die passiven Instrumente gewährleiste. Der Energiebedarf des Systems sei mit 1600 Watt erheblich und werde vor allem durch die beiden aktiven Instrumente ATLID und CPR bestimmt.
Optisch werde der Satellit von der großen CPR-Antenne dominiert, die einen Durchmesser von 2,5 Meter hat. Das lange hintere Solarpanel verleiht dem Satelliten eine Gesamtlänge von 18 Meter. Das Solarpanel besteht aus fünf Abschnitten mit einer Fläche von 21 Quadratmetern. Die schwanzartige Anordnung trägt laut Airbus bei der niedrigen Umlaufhöhe des Satelliten zur Minimierung des Luftwiderstands bei.