Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der VfB sucht einen neuen Chef oder eine neue Chefin
Spitze des Sportvereins seit zwei Jahren unbesetzt – Viele Aufgaben, aber auch vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten
FRIEDRICHSHAFEN - Präsident verzweifelt gesucht? Diese Schlagzeile wollen sie beim VfB Friedrichshafen nicht lesen. Dass das Präsidium des Hauptvereins aber dringend einen Mann oder eine Frau für die Spitze sucht, ist kein Geheimnis. Und weil die interne Suche erfolglos geblieben ist, soll jetzt ein Aufruf in der Presse helfen.
Seit zwei Jahren ist der 1909 gegründete VfB Friedrichshafen mit seinen 3500 Mitgliedern, 23 Sportarten und einer Kindersportschule ohne Präsidenten. Damals zog sich Wunibald Wösle, der seinen Abschied schon länger bekannt gegeben hatte, früher als geplant zurück, interner Reibereien wegen. Seitdem führen vier verbliebene Präsidiumsmitglieder den Verein: die beiden stellvertretenden Präsidentinnen Alexandra Moosherr und Bettina Meyer und die beiden Beiräte Hans-Peter Schorpp und Andreas Looser.
Sie sind nach eigenem Bekunden mit Leidenschaft und Engagement dabei, ebenso die Verantwortlichen in den einzelnen Abteilungen. Nur auf den Chefsessel will sich keiner setzen.
Der Beruf, die Zeit, die bisherige Aufgabe, andere Ehrenämter, die besondere Verantwortung der Präsidentschaft – es gibt viele Gründe, die dem im Wege stehen. Ohne vollständiges Präsidium ist der Verein aber auf Dauer nicht handlungsfähig. Und weil die Suche innerhalb des VfB erfolglos geblieben ist, geht der Verein jetzt an die Öffentlichkeit.
Was der Bewerber oder die Bewerberin mitbringen sollte, das ist nicht ohne, wie Alexandra Moosherr aufzählt: „Freude und Leidenschaft für einen Mehrspartenverein, Ideen zur organisatorischen Entwicklung des VfB, ein bisschen Zeit, Führungserfahrung und Teamfähigkeit.“Er oder sie sollte zudem gut vernetzt sein in der Stadt oder zumindest bereit und in der Lage, sich ein solches Netzwerk aufzubauen, ergänzt Stefan Lanz, ehemaliger Vorsitzender des Stadtforums und beruflich als Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt Digitalisierung tätig. Er begleitet das VfB-Präsidium seit einiger Zeit und hat sich bereit erklärt, künftig auch als (noch zu wählender) Beirat mitzuarbeiten.
„Ich stelle mir da entweder einen Patriarchen vor, der sich um 23 Kinder und 23 Familien kümmern muss“, sagt Moosherr mit Blick auf den Neuen oder die neue Neue. „Oder einen Manager, der es schafft, 23 sehr unterschiedlich große Gruppen, die in sich gut funktionieren, dabei zu unterstützen, ihre Aufgaben noch besser zu erledigen.“Sie spielt dabei darauf an, dass die Abteilungen des VfB traditionell ein reges Eigenleben haben und die Liebe zum und das Interesse am Gesamtverein nicht überall gleich ausgeprägt ist. „Unter unserem Motto ,Wir sind VfB’ ist das aber schon deutlich besser geworden in den vergangenen Jahren“, sagt Beirat Hans-Peter Schorpp.
An Aufgaben mangelt es einem neuen Präsidenten nicht. Infrastrukturthemen stehen auf dem Plan, die künftige Bewässerung der Rasenflächen etwa, die Umstellung der Beleuchtung auf LED oder die Daueraufgabe, wie Flächen mit und ohne Dach am besten zu belegen sind. Vor allem aber seien Abriss und Neubau des Sportlerheims beim ZeppelinStadion fällig. „Man kann sich ansehen, was in Ettenkirch entstanden ist“, sagt Schorpp. „Eine wirklich runde Sache, auch deswegen, weil sich dort viele Menschen mit Leidenschaft eingebracht haben.“
Im VfB-Gelände stecke noch viel Potenzial, sagt Moosherr. Man könne bei einem Neubau das Gebäude vergrößern und beispielsweise Platz für eine Sportkita schaffen. Auch über eine überdachte Freiluftarena, wie sie jetzt in Ravensburg geplant ist, habe man schon nachgedacht. Bei dem Projekt könne sich ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin richtig einbringen.
Weil die Aufgabe keine leichte ist und zeitintensiv, denke man immer wieder über eine Professionalisierung der Vereinsführung nach. 1,4 Stellen gibt es in der Geschäftsstelle jetzt schon. Der Versuch mit einem Geschäftsführer, der den Hauptverein und die organisatorisch fast komplett abgetrennten Profivolleyballer zu je 50 Prozent führt, ist vor einigen Jahren schiefgegangen. Ganz aus der Welt sei die Idee mit mehr Hauptamtlichkeit nicht, sagen Moosherr und Schorpp. Letztlich müsse das aber solide finanziert werden.
Kein Thema mehr sind laut Präsidium die Altschulden von rund einer Viertel Million Euro, die die Folge von Steuer- und Abgabennachzahlungen waren. Der entsprechende Kredit sei abbezahlt. „13 Jahre lang hat uns das schon in der Entwicklung gehemmt“, sagt Schorpp. Aktuell drückt das Präsidium die Tatsache, dass sich das Spenden- und Sponsoringverhalten teilweise verändert habe.
Viel zu tun also für den möglichen neuen Chef des VfB. Dass der den Job nach seiner Wahl nicht allein machen muss, das betont Stefan Lanz: „Alle, die ich hier kennengelernt habe, sind mit vollem Einsatz dabei. VfBler durch und durch.“Wer sich die Aufgabe an der Spitze des Vereins vorstellen kann, der möge sich unverbindlich melden unter finanzen@vfb-friedrichshafen.de. Vertraulichkeit sagt das aktuelle Präsidium jedem Interessenten und jeder Interessentin zu.