Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wunderschön und nicht perfekt
Herrlicher Sonnenschein, leichter Wind, klares Wasser und die Berge leuchten majestätisch. Solche Tage sind wunderbar! Was für eine Schönheit, die ich da genießen darf!
Ja, Schönheit tut gut! Wenn wir Zeit haben, sie anzuschauen, fällt so manche Last ab. Die Seele konzentriert sich auf das Gute und Heile, das keinen Anspruch an uns stellt. So empfinde ich es wenigstens. Deshalb ist es kein Wunder, dass auch die Werbung oft schöne Bilder im Zusammenhang mit ihren Produkten zeigt. Doch das hat auch eine Kehrseite: Manchmal sieht es so aus, als sei es so etwas wie ein Lebensziel für sich, schön, kreativ und unabhängig zu wirken.
Da ist ein genauerer Blick auf die Natur angebracht: Kaum ein Baum oder eine Blume ist wirklich perfekt: Teile sind verdorrt, verwelkt, angefressen, unsymmetrisch oder sie haben Flecken. Für mich ist das ein sehr tröstliches Symbol. In den vergangenen Tagen habe ich wunderschöne Momente mit Freunden und Freundinnen erlebt, die alle nicht perfekt sind. Sie erzählen vom Scheitern im Beruf oder in Beziehungen, erzählen von Angst, Depression, Wut und auch von chronischen Krankheiten. Es sind eben ganz normale Leute. Ihre Schönheit besteht nicht darin, geschminkt in bester Kleidung Erfolge zu präsentieren, sondern in ihrer Lebendigkeit, mit der sie das Leben bejahen, trotz aller Grenzen.
Wie kommen wir zu einer solchen Haltung? Ich glaube, Lebendigkeit und Schönheit finden wir dort, wo wir unsere Lebenslasten nicht vor uns selbst und anderen verstecken. Mir als Christin tut es gut, wenn ich mich damit auch an Gott wende. Ich weiß, dass ich begleitet werde – bis es gut ausgeht. Einzelne Schwächen können das Schöne nicht verderben, das Gott in die Schöpfung gelegt hat. Wer das begreift, kann lernen, sich selbst und andere anzunehmen. Weil er weiß, dass „schön“nicht gleichbedeutend mit „perfekt“ist.