Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Biden will Massen-Amnestie für Marihuana-Vergehen
US-Präsident begnadigt Tausende Amerikaner, die wegen Besitz der Droge Eintrag im Strafregister haben
- Der amerikanische Präsident kündigte seine Initiative zur Entkriminalisierung von Marihuana in einer Videobotschaft an. „Zu viele Leben sind wegen des gescheiterten Umgangs mit Marihuana auf den Kopf gestellt worden“, erklärte Joe Biden (Foto: AFP). Die Zeit sei gekommen, „diese Fehler zu korrigieren“. Tausende seien wegen des bloßen Besitzes von Marihuana verurteilt worden. „Und haben als Konsequenz keine Arbeit, Wohnung oder Ausbildung erhalten.“
Biden sagte, alle, die unter Bundesrecht einen Eintrag im Strafregister hätten, würden begnadigt. Nach Angaben des Weißen Hauses sitzt derzeit niemand in einem Bundesgefängnis, der dort eine Strafe allein wegen des Besitzes von Marihuana abbüßt. Von der Amnestie profitierten aber 6500 Menschen, die in der Vergangenheit verurteilt worden waren und noch immer einen Eintrag in dem Strafregister hätten.
Der Präsident ging noch einen Schritt weiter, indem er die zuständigen Ministerien anwies, zu prüfen, wie Marihuana künftig eingestuft werden soll. Biden sagte, der gesunde Menschenverstand und die Fairness gebieten einen anderen Umgang. „Es macht keinen Sinn, Marihuana unter Bundesrecht wie Heroin zu behandeln.“
Experten wie Andrew Freedman von der „Coalition for Cannabis Policy, Education and Regulation“weisen darauf hin, dass dieser Prozess der Neueinstufung langwierig sei.
Freedman spielte 2014 eine Schlüsselrolle bei der Legalisierung von Cannabis in Colorado; dem ersten Bundesstaat in den USA. Das brachte Colorado in direkten Gegensatz zu dem bestehenden Bundesrecht. Während der Verkauf in dem Staat legal war, können die lizenzierten Geschäfte bis heute etwa keine Bankkonten führen.
Seitdem hat sich der Widerspruch innerhalb der amerikanischen Rechtsordnung nur vergrößert. Inzwischen erlauben 37 der 50 US-Bundesstaaten den medizinischen Gebrauch von Marihuana. In 19 Bundesstaaten darf Cannabis zum privaten Genuss straffrei konsumiert werden. In nur noch einer Handvoll Gliedstaaten steht der Besitz weiter unter Strafe. Freedman meint, Biden habe mit seiner Initiative einen wichtigen nationalen Dialog angestoßen. Analysten erwarten nun, dass Gouverneure bei der Begnadigung wegen bloßen Marihuana-Besitzes nachziehen. Die große Mehrheit der Betroffenen war nach den Gesetzen der Gliedstaaten verurteilt worden. Auf diese trifft das Präsidenten-Pardon nicht zu.
Cannabis vollständig legalisieren auf Bundesebene kann nur der USKongress. Dort zeichnet sich in beiden Parteien Bewegung ab. Bei den Republikanern macht die Abgeordnete Nancy Mace aus South Carolina Druck, die Gesetze zu ändern. „Wir sehen eine Welle an Reformen überall im Land“, erklärte Mace, die Bidens Initiative unterstützt. „Es wird höchste Zeit, dass der Kongress etwas tut.“